Entscheidungen in Leitsätzen
mit Anmerkung Sylvia Braun
Az. 9 U 895/15
§ 8 Abs. 1 UWG, § 4 Nr. 11 UWG, § 3 S. 2 Nr. 1 HWG, § 3a S. 2 HWG
1. Eine Werbung mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung ist nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Im Hinblick auf Angaben, die der Zulassung des Arzneimittels wörtlich oder sinngemäß entsprechen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sie im Zeitpunkt der Zulassung dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprechen. Dies gilt nicht nur für Angaben, die sich auf die therapeutische Wirksamkeit beziehen, sondern auch für Werbebehauptungen, die nicht die zum Anwendungsgebiet gehörenden, sondern darüber hinausgehende Wirkungen und pharmakologischen Eigenschaften beschreiben. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Zulassung des Arzneimittels gilt aber nicht uneingeschränkt, wenn der Kläger darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekannt gewordene oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die gegen die wissenschaftliche Tragfähigkeit der durch die Zulassung belegten Aussage sprechen (Urt. v. 18.07.2013 – I ZR 62/11, Basisinsulin mit Gewichtsvorteil, Leitsätze und Kurzanmerkung in A & R 2013, S. 143 f.).
2. Diese Grundsätze gelten auch für wirkungsbezogene Werbeaussagen für zugelassene homöopathische Arzneimittel, mit der Besonderheit, dass für die Wirksamkeit eines homöopathischen Arzneimittels – zusätzlich zur Zulassung – auch auf die substanzbezogene Monografie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Bezug genommen werden kann, wobei jedoch auch hier ein Gegenbeweis möglich ist (vgl. OLG Celle GRUR-RR 2008, 441).
I.
1 Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen und vertreibt in Deutschland u. a. die homöopathischen Arzneimittel "C.", welches in Tabletten- und Tropfenform angeboten wird, und "S. SL".
2 "S. SL" ist unter der Zulassungsnummer … für folgendes Anwendungsgebiet zugelassen: "Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehören: Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen (Sinusitis)"
3 "C." (Tabletten) ist unter der Zulassungsnummer: … für folgendes Anwendungsgebiet zugelassen: "Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehören: "Nervös bedingte Unruhezustände und Schlafstörungen".
4 "C." (Tropfen) ist unter der Zulassungsnummer: … für folgendes Anwendungsgebiet zugelassen: "Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehören: "Nervöse Störungen wie Schlafstörungen und Unruhe, Verstimmungszustände."
5 In der Zeitschrift "…" Heft Nr. 46, gültig für die Woche vom 15.11. bis 21.11.2014 bewarb die Beklagte das Arzneimittel "S. SL", u. a. mit dem Text: "Durch die Kombination von elf sorgfältig aufeinander abgestimmten Arzneistoffen hilft S. SL auf natürliche Weise schnell und effektiv, sowohl bei akutem Schnupfen als auch bei chronischer Sinusitis. Das homöopathische Komplexmittel wirkt abschwellend, entzündungshemmend und regenerierend auf die Nasenschleimhaut. Festsitzender Schleim wird gelöst und Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit, Kopfdruck, Nies- und Juckreiz gelindert. …".
6 In der Zeitschrift "…" Heft 47, gültig für die Woche vom 22.11. bis 28.11.2014, bewarb sie das Arzneimittel "C.", u. a. mit dem Text: "Zusätzliche Unterstützung bieten naturheilkundliche Arzneimittel wie C.. Sie fördern Gelassenheit und Ruhe und helfen, den alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegenzutreten. …. C. fördert die Selbstheilungskräfte und stellt das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her. … Durch die Kombination aus neun sorgfältig ausgesuchten, natürlichen Wirkstoffen bietet das homöopathische Komplexmittel eine rasche und effektive Unterstützung bei Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen. C. ist als Tropfen oder Tabletten rezeptfrei in der Apotheke erhältlich und gut verträglich. …". Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 12 Bezug genommen. Vorprozessual mahnte der Kläger die Beklagte im Hinblick auf ihre Aussagen in den Anlagen K 1 und K 12 mit Schreiben vom 30.12.2014 ab, wobei sie sogleich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert wurde. Mit Unterlassungserklärung vom 14.01.2015 (Anlage K 14) erklärte die Beklagte in Bezug auf "C. Tabletten" nicht mit einer "raschen" Unterstützung bei Unruhe, Nervosität und Schlafstörung zu werben, sowie nur insoweit mit "stellt das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her" zu werben, wie das körperliche und seelische Gleichgewicht durch nervös bedingte Unruhezustände und Schlafstörungen beeinträchtigt ist. Im Übrigen gab die Beklagte keine Unterlassungserklärung ab. Der Kläger ist der Auffassung, die beanstandeten Aussagen verstoßen gegen § 3 und § 3a HWG und seien daher wettbewerbswidrig gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, § 4 Nr. 11 UWG. Denn die Beklagte bewerbe ihre Arzneimittel mit weit über deren Anwendungsgebiete hinausgehende Wirkungsaussagen. Bezüglich dieser zusätzlichen Wirkungen habe die Beklagte keinen Wirkungsnachweis erbracht. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
7 Der Kläger hat beantragt,
8 I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen und an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
9 1. für das homöopathische Arzneimittel "S. SL" zu werben:
10 1.1 "hilft S. SL schnell und effektiv bei akutem Schnupfen",
11 1.2 "hilft S. SL schnell und effektiv bei chronischer Sinusitis",
12 1.3. "Das homöopathische Komplexmittel wirkt abschwellend … und/oder "entzündungshemmend …" und/oder … "regenerierend auf die Nasenschleimhaut",
13 1.4 "Festsitzender Schleim wird gelöst …" und/oder "Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit …" und/oder "…. Kopfdruck …", und/oder "Nies- und Juckreiz gelindert",
14 jeweils wenn dies geschieht wie gemäß der Anzeigenwerbung in der Zeitschrift "…" Nr. 46/2014 auf S. 25 gemäß Anlage K 1 zur Klageschrift,
15 2. Für das homöopathische Arzneimittel "C." zu werben:
16 2.1 "… Arzneimittel wie C.. Sie fördern Gelassenheit und Ruhe" und/oder "helfen, den alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegenzutreten.",
17 2.2 "C. fördert die Selbstheilungskräfte" und/oder "stellt das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her",
18 2.3 "… bietet das homöopathische Komplexmittel eine …. effektive Unterstützung "bei Unruhe" und/oder "Nervosität" und/oder "Schlafstörungen",
19 jeweils wenn dies geschieht wie gemäß der Anzeigenwerbung in der Zeitschrift "…" Nr. 46/2014 S. 25, gemäß Anlage K 12 zur Klageschrift.
20 II. Die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 178,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
21 Die Beklagte hat beantragt,
22 die Klage abzuweisen.
23 Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nicht klagebefugt. Dessen Klagebefugnis ergebe sich nicht aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, da nur auf die Mitglieder abzustellen sei, die Arzneimittel gegen Entzündungen im Hals-Nasen-Rachenraum oder gegen bedingte Unruhezustände herstellen oder vertreiben, aber nicht auf andere Arzneimittelhersteller. Der Kläger habe somit keine erhebliche Zahl von Mitgliedern auf demselben Markt wie die Beklagte. Die beanstandeten Werbeaussagen enthielten keine übertriebenen Wirkungsaussagen und keine Irreführung. Bei sämtlichen Aussagen würden nur die typischen Begleiterscheinungen und Symptome des zugelassenen Anwendungsgebiets beschrieben, so dass kein Verstoß gegen § 3 bzw. 3a HWG vorliege
24 Mit Urteil vom 10.07.2015, auf das hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der Wiedergabe der Parteianträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bad Kreuznach die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten verstoßen nicht gegen § 3 bzw. 3a HWG. Denn diese werbe für die Arzneimittel nicht mit einem Anwendungsgebiet, das außerhalb deren Zulassung liege. Die beschriebenen Wirkungen der Arzneimittel lägen innerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete.
25 Der Kläger wendet sich gegen dieses Urteil mit der Begründung, die Werbeaussagen der Beklagten seien vom zugelassenen Anwendungsgebiet der Medikamente nicht gedeckt. Die behaupteten Wirkungen ergäben sich nicht aus der Zulassung und lägen im Übrigen auch nicht vor.
26 Der Kläger beantragt,
27 das angefochtene Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu verurteilen.
28 Der Beklagte beantragt,
29 die Berufung zurückzuweisen.
30 Nach der mündlichen Verhandlung am 18.11.2015 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 07.12.2015 die Rücknahme der Anträge "Das homöopathische Komplexmittel wirkt abschwellend … und/oder "entzündungshemmend …", "Festsitzender Schleim wird gelöst …", "Begleiterscheinungen wie … Nies- und Juckreiz gelindert", "Sie fördern … Ruhe" und "… bietet das homöopathische Komplexmittel eine …. effektive Unterstützung "bei Unruhe" und/oder "Nervosität" erklärt, dem die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.12.2015 zugestimmt hat.
31 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
II.
32 Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
33 Die Klage ist zulässig.
34 Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG klagebefugt.
35 Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG steht ein Unterlassungsanspruch rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehören, die Waren- oder Dienstleistung gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.
36 Dabei ist der Begriff der "Waren gleicher oder verwandter Art" weit auszulegen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG 32. Aufl., § 8 Rn. 3, 38 ff. m. w. N.). Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzter auf demselben sachlichen und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können (vgl. BGH, GRUR 2000, 1084). Die beiderseitigen Waren oder gewerblichen Leistungen bzw. Dienstleistungen müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen durch ein wettbewerbswidriges Verhalten des anderen beeinträchtigt werden kann. Erforderlich ist das Vorliegen eines abstrakten Wettbewerbsverhältnisses, wofür es ausreicht, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung in einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Die Zugehörigkeit zu derselben oder einer verwandten Branche ist dabei zwar ein ausreichendes, aber keineswegs notwendiges Kriterium (vgl. Köhler/Bornkamm, a. a. O., Rn. 3, 38 ff.; BGH, GRUR 2006, 778; GRUR 2000, 438).
37 Daher ist vorliegend hinsichtlich des erforderlichen Wettbewerbsverhältnisses nicht ausschließlich auf (homöopathische) Arzneimittelhersteller abzustellen, die Arzneimittel gegen Entzündungen im Hals-Nasen-Rachenraum oder gegen bedingte Unruhezustände herstellen oder vertreiben. Vielmehr sind zumindest sämtliche Hersteller von Arznei- und Naturheilmitteln potentielle Mitbewerber (vgl. auch BGH, WRP 1998, 177; Köhler/Bornkamm, a. a. O. Rn. 3.39).
38 Der maßgebliche räumliche Markt wird im Wesentlichen durch die Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt. Er erfasst vorliegend das ganze Bundesgebiet, da die Beklagte mit den beanstandeten Aussagen bundesweit wirbt.
39 Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sind von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen, wobei den Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen trifft, aus denen sich seine Prozessführungsbefugnis ergibt. Um den Nachweis der Mitgliedschaft einer erheblichen Anzahl von Mitgliedsunternehmen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu führen, muss der Verband die Namen, Branchen, Umsätze und örtlichen Tätigkeitsbereiche seiner Mitglieder bekannt geben (vgl. BGH, WRP 1998, 177; Köhler/Bornkamm, a. a. O. Rn. 3.66). Der Kläger ist dem durch Vorlage seiner Mitgliederliste (Anlage K0) ausreichend nachgekommen. Die Geschäftsführerin des Klägers hat die Richtigkeit und Aktualität der Mitgliederliste an Eides statt versichert (Anlage K0A). Die vom Beklagten erhobenen Einwände betreffend einundzwanzig in der Liste in den Bereichen "Arzneimittel" und "Naturheilmittel" aufgeführten Mitgliedern, führen nicht dazu, die Richtigkeit der Mitgliederliste im Übrigen in Zweifel zu ziehen. Der Mitgliederliste des Klägers lassen sich – selbst wenn die von der Beklagten beanstandeten Unternehmen unberücksichtigt bleiben – zumindest 26 Hersteller von Arzneimitteln und neun Unternehmen des Naturheilmittelbereichs entnehmen, welche eine erhebliche Zahl von Unternehmen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG darstellen. Dazu gehören insbesondere auch umsatzstarke Arzneimittelhersteller, wie z.B. die Firmen P. GmbH, M. GmbH, U., W. Pharma oder H. AG.
40 Die Klage ist teilweise begründet.
41 Dem Kläger steht hinsichtlich der nach der wirksamen teilweisen Klagerücknahme im Schriftsatz vom 07.12.2015 noch streitgegenständlichen Werbeaussagen im tenorierten Umfang ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 3 S. 2 Nr. 1 HWG zu. Hinsichtlich der Aussagen "C. fördert die Selbstheilungskräfte" und "…. bietet das homöopathische Komplexmittel eine … effektive Unterstützung …. bei Schlafstörungen" "betreffend das Arzneimittel C. und der Aussage "Das homöopathische Komplexmittel wirkt regenerierend auf die Nasenschleimhaut" betreffend das Arzneimittel S. SL ist des Weiteren auch ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 3a S. 2 HWG gegeben.
42 Soweit für S. SL mit der Aussage "Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit …" und/oder "…. Kopfdruck … werden gelindert" geworben wird, ist ein Unterlassungsanspruch nicht begründet.
43 § 3 a S. 2 HWG und § 3 S. 2 Nr. 1 HWG sind Marktverhaltensregeln gemäß § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, aaO., § 4 Rn. 11.135; BGH, WRP 2013, 772; OLG Koblenz, MD 2015, 254).
44 Nach § 3 a HWG ist die Werbung für Arzneimittel unzulässig, wenn sie sich auf Anwendungsgebiete bezieht, die nicht von der Zulassung erfasst sind.
45 Der Begriff "Anwendungsgebiete" ist gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff der Indikation und bezeichnet die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, insbesondere die körperlichen und seelischen Zustände, die durch das betreffende Arzneimittel beeinflusst werden sollen (vgl. OLG Koblenz, MD 2015, 254, KG, GRUR-RR 2013, 486; OLG Celle, WRP 2015, 1115). Abzustellen ist auf das Verständnis des durchschnittlichen Verbrauchers, an den sich die Werbung für das Arzneimittel richtet. Dabei ist das Verkehrsverständnis des angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksam und kritischen Durchschnittsverbrauchers maßgeblich. Gehören die Mitglieder des erkennenden Gerichts zu dem angesprochenen Verkehrskreis, darf der Tatrichter aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung den Sachverhalt selbst beurteilen und eine bestimmte Verkehrsauffassung bejahen (vgl. BGH, WRP 2012, 75; WRP 2014, 1184).
46 Ein Verstoß gegen § 3a S. 2 HWG liegt vor, wenn der angesprochene Verbraucher die beanstandeten Angabe als Hinweis auf ein Anwendungsgebiet und nicht lediglich als Beschreibung einer zusätzlichen Wirkung des Mittels versteht. Ein Verstoß liegt hingegen nicht vor, wenn lediglich zusätzliche Wirkungen eines Arzneimittels beschrieben werden und der ursächliche Zusammenhang dieser zusätzlichen Wirkung mit der zugelassenen Indikation oder das Fehlen einer eigenständigen Indikation verdeutlicht werden. Die Grenze ist dort überschritten, wo bei einem allgemein gehaltenen Anwendungsgebiet mit spezifischen Indikationen geworben wird, die sich nicht ohne weiteres aus der Basisindikation ergeben, weil dies im Ergebnis zu einer Umgehung des für solche spezifischen Anwendungsgebiete erforderlichen Zulassungsverfahren führen würde. Deshalb kann eine Werbung, die ein allgemeines Anwendungsgebiet konkretisiert, nur dann zulässig sein, wenn ein ursächlicher Zusammenhang mit der Basisindikation besteht und dies in der konkreten Bewerbung auch derart verdeutlicht wird, dass sich aus dieser ergibt, dass es sich nicht um eine eigenständige Indikation, sondern lediglich um die Wirkung innerhalb der Basisindikation handelt (vgl. OLG Koblenz, MD 2015, 254 OLG Köln, 6 U 233/08, Döppner HWG, 2. Aufl., § 3 a Rn. 11).
47 Gemäß § 3 S. 2 Nr. 1 HWG liegt eine unzulässige irreführende Werbung vor, wenn Arzneimittel therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben.
48 Insoweit sind – wie allgemein bei gesundheitsbezogener Werbung – besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (vgl. BGH, WRP 2002, 74; WRP 2013, 772). Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Welche Anforderungen an den Nachweis einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu stellen sind, hängt von dem im Wesentlichen tatrichterlich zu würdigenden Umständen des Einzelfalls ab. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass der Werbende eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorlegt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist. Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, obliegt grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger. Im Hinblick auf Angaben, die der Zulassung des Arzneimittels wörtlich oder sinngemäß entsprechen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sie im Zeit punkt der Zulassung dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprechen. Dies gilt zunächst für Angaben, die sich auf die therapeutische Wirksamkeit beziehen. Denn gemäß § 25 Abs. 2 S. 3 AMG fehlt die für eine Zulassung notwendige therapeutische Wirksamkeit, wenn der Beklagte nicht entsprechend dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Ergebnisse nachweist, dass sich mit dem Arzneimittel therapeutische Ergebnisse erzielen lassen. Hat ein Präparat die Hürde der Zulassung genommen, kann also grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Wirkungsangaben dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprechen. Weitergehend wird der Inhalt der Zulassung im Regelfall aber auch als hinreichender Beleg für Werbebehauptungen gelten können, die nicht die zum Anwendungsgebiet gehörenden, sondern darüber hinausgehende Wirkungen und pharmakologischen Eigenschaften beschreiben. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Zulassung des Arzneimittels gilt aber nicht uneingeschränkt, sondern findet seine Grenze in seiner Eigenschaft als Regelung der Darlegungs- und Beweislast. Daraus ergibt sich, dass eine Irreführung dann in Betracht kommt, wenn der Kläger darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekannt gewordene oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorlegen, die gegen die wissenschaftliche Tragfähigkeit der durch die Zulassung belegten Aussage sprechen (vgl. BGH WRP 2013, 772 – "Basisinsulin mit Gewichtsvorteil"). Hinsichtlich der Wirksamkeit eines homöopathischen Arzneimittels kann auch auf die substanzbezogene Monografie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Bezug genommen werden, wobei jedoch auch hier ein Gegenbeweis möglich ist (vgl. OLG Celle GRUR-RR 2008, 441).
49 Gemessen an diesen Grundsätzen gilt für die einzelnen Unterlassungsanträge Folgendes:
50 Unterlassungsantrag zu 1.1 ("… hilft S. SL schnell und effektiv bei akutem Schnupfen")
51 Diese Aussage verstößt gegen § 3 S. 2 Nr. 1 HWG, soweit mit einer "schnellen und effektiven Hilfe" geworben wird.
52 Die behauptete Wirksamkeit gegen "akuten Schnupfen" ist hingegen weder nach § 3 S. 2 Nr. 1 HWG noch nach § 3a S. 2 HWG zu beanstanden.
53 Bei "akutem Schnupfen" handelt es sich um ein häufiges, typisches Symptom von Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraums. Der angesprochene Verbraucher erkennt daher-auch aus dem Gesamttext-,dass es sich bei der Wirkung gegen akute Schnupfen nicht um eine eigenständige Indikation handelt, sondern um eine Wirkung innerhalb der Basisindikation "Entzündung des Hals-Nasen-Rachenraums und der Nasennebenhöhlen (Sinusitis)". Gegen eine eigenständige Indikation spricht auch der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassene Verwendungszweck "homöopathisches Arzneimittel bei Schnupfen" auf der Verpackung dieses Arzneimittels.
54 Die Aussage, das Arzneimittel S. SL "hilft schnell und effektiv" bei akutem Schnupfen, ist irreführend i. S. von § 3 HWG.
55 Das Inaussichtstellen "schneller Hilfe" begründet beim angesprochenen Verbraucher zwar nicht die Erwartung schneller vollständiger Heilung des akuten Schnupfens, jedoch wird die Erwartung einer schnellen Linderung hervorgerufen. Diese schnelle Linderungswirkung wird durch das Wort "effektiv" noch besonders betont und herausgestellt.
56 Eine schnelle Linderungswirkung des beworbenen Arzneimittels bei akutem Schnupfen hat die Beklagte aber nicht nachgewiesen, wofür sie nach dem substantiierten Bestreiten des Klägers darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. OLG Koblenz a. a. O.). Aus der Zulassung des Arzneimittels kann weder wörtlich noch sinngemäß der Zeitpunkt des Eintritts der Wirkung und insbesondere auch eine "schnelle Wirkung" nicht entnommen oder hergeleitet werden. Eine wissenschaftliche Absicherung einer "schnellen Wirkung" hat die Beklagte auch nicht erbracht. Ihr Verweis auf allgemeine Zitate von Verbänden und Vertretern der Homöopathie, wonach diese schnell wirke, und Ausführungen zur schnellen Wirkung von Baptisia und Luffa unter Bezugnahme auf ein Standardwerk der homöopathischen Medizin sind nicht ausreichend, zumal Baptisia nach der zitierten Textzeile auch lediglich gegen Fieber eingesetzt wird. Da die Werbebehauptung nicht der Zulassung entspricht, wäre der Nachweis mittels einer randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung (vgl. BGH, WRP 2013, 772) oder mittels einer substanzbezogenen Monographie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (vgl. OLG Celle, GRUR-RR 2008, 441) erforderlich gewesen.
57 Unterlassungsantrag zu 1.2 ("… hilft S. SL schnell und effektiv bei chronischer Sinusitis")
58 Entsprechend den Ausführungen zum Unterlassungsantrag zu 1.1. (akutem Schnupfen) verstößt die vorliegende Aussage auch gegen § 3 S. 2 Nr. 1 HWG, soweit mit einer "schnellen und effektiven Hilfe" geworben wird.
59 Die behauptete Wirksamkeit gegen "chronische Sinusitis" ist hingegen weder nach § 3 S. 2 Nr. 1 HWG noch nach § 3a S. 2 HWG zu beanstanden, da eine chronische Sinusitis vom zugelassenen Anwendungsgebiet "Sinusitis" mitumfasst ist. Das Anwendungsgebiet "Sinusitis" erfasst mangels Differenzierung in der Zulassung nicht nur die einfache, sondern auch die chronische Sinusitis.
60 Unterlassungsantrag zu 1.3 ("Das homöopathische Komplexmittel wirkt regenerierend auf die Nasenschleimhaut")
61 Diese Aussage verstößt sowohl gegen § 3 S. 2 Nr. 1 HWG wie auch gegen § 3a S. 2 HWG.
62 Ein Verstoß gegen § 3a S. 2 HWG ist gegeben, da sich die Werbung auf ein Anwendungsgebiet (Regeneration der Nasenschleimhaut) bezieht, die nicht von der Zulassung (Entzündung des Hals-Nasen-Rachenraums und der Nasennebenhöhlen (Sinusitis)) erfasst wird. Der angesprochene Verbraucher versteht unter einer regenerierenden Wirkung auf die Nasenschleimhaut keine lediglich zusätzliche Wirkung des Mittels, sondern ein eigenes Anwendungsgebiet. Denn eine regenerierende Wirkung geht über eine Entzündungshemmung des Hals-Nasen-Rachenraums deutlich hinaus. Sie ist eine nach Abklingen der Entzündung anschließender neuer Wirkungsvorgang, der nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der zugelassenen Indikation des Arzneimittels steht.
63 Da die Beklagte auch nicht die regenerierende Wirkung des Arzneimittels nachgewiesen hat, liegt auch ein Verstoß gegen § 3 HWG vor. Zwar kann zur Darlegung ein Nachweis der Wirksamkeit bei homöopathischen Arzneimitteln auf entsprechende substanzbezogene Monografien des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zurückgegriffen werden (vgl. OLG Celle GRUR-RR 2008, 441; Döpner a. a. O., Rn. 35). Jedoch lässt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Monografien der Kommission D hinsichtlich der Wirkstoffe Luffa Kalium bichronicum, Cinnabaris und Mercurius bijodatus nichts zu einer regenerierenden Wirkung entnehmen.
64 Unterlassungsantrag zu 1.4 ("Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit und/oder Kopfdruck werden gelindert")
65 Diese Aussage ist nicht zu beanstanden.
66 Ein Verstoß gegen § 3a S. 2 HWG liegt nicht vor. Denn aus der Bezeichnung von "Zerschlagenheit" und "Kopfdruck" als "Begleiterscheinungen" eines akuten Schnupfens bzw. einer Sinusitis ergibt sich für den angesprochenen Verbraucher, dass kein eigenes Anwendungsgebiet, sondern lediglich zusätzliche Wirkungen des Arzneimittels beschrieben werden, welche im ursächlichen Zusammenhang mit der zugelassenen Indikation für Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) stehen (vgl. OLG Koblenz, MD 2015, 254 OLG Köln, 6 U 233/08, Döppner HWG, 2. Aufl., § 3 a Rn. 11).
67 Des Weiteren verstößt diese Aussage auch nicht gegen § 3 S. 2 Nr. 1 HWG. Da mit der Werbeaussage eine lediglich zusätzliche Wirkung des Arzneimittels im Rahmen des zugelassenen Anwendungsgebietes beschrieben wird, gilt die Zulassung als hinreichender Beleg für deren Wirksamkeit (vgl. BGH WRP 2013, 772 – "Basisinsulin mit Gewichtsvorteil").
68 Unterlassungsantrag zu 2.3 ("Bietet das homöopathische Komplexmittel eine effektive Unterstützung bei Schlafstörungen")
69 Diese Angabe verstößt gegen § 3a S. 2 HWG, da sich die Werbung in Bezug auf "Schlafstörungen" auf ein Anwendungsgebiet bezieht, welches von der Zulassung nicht erfasst wird.
70 Der angesprocene Verbraucher versteht die Werbeaussage, insbesondere auch in Verbindung mit der größer- und fettgedruckten Überschrift "Schlafstörungen?", dahingehend, dass Anwendungsgebiet von C. alle Arten von Schlafstörungen seien und nicht nur nervös bedingte. Dabei unterscheidet der Verbraucher auch nicht zwischen den beiden Darreichungsformen des Arzneimittels, Tropfen und Tabletten, da er die Werbeanzeige trotz der abgebildeten Verpackung der Tablettenvariante wegen der enthaltenen Formulierung "ist als Tropfen und Tablette erhältlich und gut verträglich" auf beide Darreichungsformen bezieht.
71 Aus der Formulierung "Nervös bedingte Unruhezustände und Schlafstörungen" als Anwendungsgebiet der C. Tabletten wird nicht deutlich, ob sich dieses auf alle Schlafstörungen oder nur auf nervös bedingte Schlafstörungen bezieht. Dies kann aber vorliegend dahingestellt bleiben, da sich das zugelassene Anwendungsgebiet für C. Tropfen nur auf "Nervöse Störungen wie Schlafstörungen und Unruhe, Verstimmungszustände" und somit nicht auf alle möglichen Schlafstörungsformen bezieht.
72 Die Fehlvorstellung des Verbrauchers zumindest bezüglich der Darreichungsform Tropfen ist ausreichend, um die beanstandete Werbeaussage als unzulässig anzusehen.
73 Diese Werbeaussage verstößt des Weiteren auch gegen § 3 S. 2 Nr. 1 HWG, da die Beklagte die therapeutische Wirksamkeit für die Behandlung von Schlafstörungen aller Art nicht wissenschaftlich nachgewiesen hat, nachdem der Kläger das Fehlen einer wissenschaftlichen Grundlage insoweit substantiiert vorgetragen hat.
74 Unterlassungsantrag zu 2.2. ("C. fördert die Selbstheilungskräfte und/oder stellt das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her")
75 Auch bei diesen Angaben liegt ein Verstoß gegen § 3a S. 2 HWG und gegen § 3 S. 1 Nr. 1 HWG vor.
76 Die Aussage "C. fördert die Selbstheilungskräfte" wird nicht von dem Anwendungsgebiet der beiden Zulassungen (Tabletten bzw. Tropfen) erfasst und verstößt daher gegen § 3a S. 2 HWG. Der angesprochene Verbraucher versteht dies als Hinweis auf ein eigenes Anwendungsgebiet "Förderung der Selbstheilungskräfte" und nicht lediglich als Beschreibung einer zusätzlichen Wirkung des Arzneimittels. Denn die Förderung der Selbstheilungskräfte steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit nervös bedingten Unruhezuständen und Schlafstörungen bzw. nervösen Störungen, wie Schlafstörungen und Unruhe sowie Verstimmungszuständen.
77 Diese Werbeaussage ist auch irreführend im Sinne von § 3 S. 2 Nr. 1 HWG, da dem Arzneimittel insoweit eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beigelegt wird, die es nicht hat. Die Beklagte hat, nachdem das Fehlen einer wissenschaftlichen Grundlage vom Kläger insoweit substantiiert vorgetragen wurde, eine wissenschaftliche Absicherung nicht nachgewiesen. Die Behauptung, es sei allgemein bekannt und anerkannt, das homöopathische Arzneimittel die Selbstheilungskräfte aktivieren, ist bislang wissenschaftlich nicht belegt worden. Der Verweis auf einen "Leitfaden zur Behandlung mit homöopathischen Heilmitteln" und das Online-Lexikon "Das ABC der Homöopathie" stellt keinen ausreichenden wissenschaftlichen Nachweis dar.
78 Hinsichtlich der Aussage "stellt das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her" liegt ebenfalls ein Verstoß gegen § 3 S. 2 Nr. 1 HWG vor. Denn auch insoweit fehlt es an einem Wirksamkeitsnachweis der Beklagten.
79 Die Wiederholungsgefahr hinsichtlich dieser Aussage ist auch nicht durch die Teilunterwerfung mittels Unterlassungserklärung vom 14.01.2015 entfallen. Denn darin hat sich die Beklagte nur hinsichtlich "C. Tabletten" verpflichtet, nur insoweit mit dieser Aussage zu werben, wie das körperliche und seelische Gleichgewicht durch nervös bedingte Unruhezustände und Schlafstörungen beeinträchtigt ist. Um eine Wiederholungsgefahr auszuschließen, wäre zumindest auch erforderlich gewesen, die Unterlassungserklärung auch auf "C. (Tropfen)" zu erstrecken, für die insoweit auch in der streitgegenständlichen Anzeige geworben wird. Darüber hinaus enthält die Unterlassungserklärung auch keine Klarstellung, dass nur nervös bedingte Schlafstörungen relevant sind.
80 Unterlassungsantrag zu 2.1. ("… Arzneimittel wie C.. Sie fördern Gelassenheit und/oder helfen alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegenzutreten")
81 Diese Angaben verstoßen gegen § 3 S. 1 Nr. 1 HWG, da die Beklagte entsprechende Wirkungen nicht nachgewiesen hat.
82 Die Zulassung des Arzneimittels ist diesbezüglich kein hinreichender Beleg für eine entsprechende Wirksamkeit. Denn es fehlt an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen den zugelassenen Anwendungsgebieten "Nervös bedingte Unruhezustände und Schlafstörungen" bzw. "Nervöse Störungen wie Schlafstörungen und Unruhe, Verstimmungszustände" und diesen Werbebehauptungen. Der Hinweis der Beklagten auf die homöopathischen Einzelwirkstoffe in dem Arzneimittel begründet auch keinen entsprechenden Wirkungsnachweis, da der Monographie der Kommission D zu den einzelnen homöopathischen Wirkstoffen keine Wirkung entnommen werden kann, wonach diese Gelassenheit fördern oder helfen alltäglichen Voraussetzungen wieder gestärkt entgegenzutreten. Im Übrigen dürfte der Umfang und die Vielfalt alltäglicher Herausforderungen, z.B. in Beruf und Familie, einer entsprechenden Wirksamkeit entgegenstehen.
83 Die vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 178,50 € sind gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 UWG begründet.
84 Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger in seinem Abmahnschreiben nebst beigefügter Unterlassungserklärung ein teilweise zu weit gehendes Unterlassungsbegehren gestellt hat. Denn die Abmahnung wird in ihrer rechtlichen Wirkung nicht dadurch beeinflusst, dass die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung zu weit geht. Bei einer zu weit gehenden Forderung bleibt es dem Schuldner überlassen, eine ausreichende Unterwerfungserklärung abzugeben (vgl. OLG Hamm, WRP 2014, 462).
85 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 269 ZPO.
86 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.