Auflagen für Arzneitee
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Januar 2016

Entscheidungen in Leitsätzen
Az.: 13 A 2552/13

AMG § 10 Abs. 1

Leitsätze der Redaktion:

Das Griffetikett eines (Arznei-)Teebeutels ist Teil des Behältnisses im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 AMG, weil es mit diesem fest verbunden ist und dessen Etikettierung dient. Angaben des Herstellers auf dem Griffetikett sind nach Maßstab dieser Norm zu überprüfen. Daran ändert es nichts, dass die Teebeutel in einem weiteren Behältnis verpackt sind.

 

Die Angabe „Natürlicher geht’s nicht“ auf dem Griffetikett dient nicht der Veranschaulichung der Pflichtangaben. Sie ist auch nicht für den Patienten wicht im Sinne des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG. Die Information, dass die Teemischung „natürlich“ ist, ist für die Anwendung des Arzneimittels ebenso wenig von Bedeutung wie für die Gesundheit des Patienten.

 

Die Angabe „Nur in der Apotheke erhältlich“ auf den Sachets ist nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig, weil sie weder mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang steht noch für die gesundheitliche Aufklärung wichtig ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen

Gründe

I.

 

Die Klägerin wendet sich gegen verschiedene Auflagen zum Registrierungsbescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für das traditionelle pflanzliche Fertigarzneimittel "I. &T. I1.    – und L.            " vom 7. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2011 sowie des Schriftsatzes des BfArM vom 20. April 2012. Der Tee ist in Filterbeuteln portioniert, die mit einem beschrifteten Griffetikett versehen sind. Diese sind einzeln in Umbeutel (Sachets) eingeschweißt. In einem Umkarton befinden sich jeweils 20 Beutel. Der Tee ist freiverkäuflich.

 

Im Einzelnen sind noch folgende Auflagen streitig:

 

F1. Auf dem Griffetikett ist die Arzneimittelbezeichnung zu korrigieren. Die Angabe "Nr. 7" ist zu streichen.

 

F2. Die Angabe "Natürlicher geht’s nicht" auf dem Griffetikett ist zu streichen.

 

F5. Die Angabe "Nur in der Apotheke erhältlich" ist auf dem Behältnis zu streichen.

 

F12. Die für den Umkarton vorgesehenen Freitexte sind folgendermaßen zu korrigieren: Die Angabe "Qualität aus Ihrer Apotheke" ist durchgängig zu streichen; sofern die Angabe "Nr. 7" der Arzneimittelbezeichnung "I. &T.  I1.    – und L. " direkt nachfolgt, ist sie zu streichen.

 

F 13. Der für die linke, seitliche obere Lasche für den Umkarton vorgesehene Text ist mit Ausnahme der Angabe "I2.       und T1.      " zu streichen.

 

Auf der linken, seitlichen oberen Lasche des Umkartons, die erst nach Öffnen des Deckels sichtbar ist, ist folgender Text abgedruckt:

 

Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich. Produktinformation: Die für unsere Arzneitee-​Filterbeutel verwendeten feingeschnittenen Pflanzenteile sind genauso frisch und wirkstoffhaltig wie Blatt-​Tees. I. &T.  Tee – I2.        & T1. Seit über 50 Jahren für Ihre Gesundheit

 

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

 

II.

 

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

 

1. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

 

a. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Auflagen F1. und F2.

 

aa. Die Einwände gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Teebeutel sei ein Behältnis im Sinne des § 10 AMG und das Griffetikett Teil dieses Behältnisses, greifen nicht durch. Zunächst ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Begriff des Behältnisses, der in § 10 Abs. 1 Satz 1 AMG verwendet wird, in Ermangelung einer Definition im Arzneimittelgesetz unter Heranziehung von Art. 1 Nr. 23 Richtlinie 2001/83/EG bestimmt hat. Danach bedeutet Primärverpackung das Behältnis oder jede andere Form der Arzneimittelverpackung, die unmittelbar mit dem Arzneimittel in Berührung kommt. Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes dienen der Umsetzung der Richtlinie und sind richtlinienkonform auszulegen. In der Literatur wird deshalb einhellig angenommen, dass der Begriff des Behältnisses im Sinne des Arzneimittelgesetzes mit dem der Primärverpackung im Sinne der Richtlinie identisch ist (v4              Vgl. Menges/Winnands, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2014, § 19 Rn. 4; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, 128. Lief. 2014, § 10 Anm. 18; Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 10 Rn. 11; Rehmann, AMG, 2. Aufl. 2003, § 10 Rn. 2).

 

Weiter hebt die Klägerin zwar zutreffend hervor, dass dem Teebeutel nebst Griffetikett eine technische Funktion in Gestalt einer Applikationshilfe zukommt. Daraus ergibt sich aber nicht, dass die Funktion als Behältnis entfällt. Auch wenn der Teebeutel dem Aufbrühen des Tees dient, umschließt er zugleich als Packmittel das Arzneimittel, d. h. die einzelnen losen Bestandteile der Teemischung, und kommt damit im Sinne von Art. 1 Nr. 23 Richtlinie 2001/83/EG auch unmittelbar in Berührung. Dass und inwieweit der Teebeutel sich von Glas- oder Kunststoffröhrchen unterscheidet, ist unerheblich. Wie das Verwaltungsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, ist das Griffetikett Teil des Behältnisses, weil es mit diesem fest verbunden ist und dessen Etikettierung dient. Die Fragen, welche Pflichtangaben das BfArM bei einem Teebeutel im Einzelnen fordern darf und muss, ob allein die Angaben auf den Sachets der Aufklärungsfunktion genügen und ob § 10 Abs. 8 AMG analog anzuwenden ist, sind aus Sicht des Senats nicht entscheidungserheblich. Hier ist allein maßgeblich, dass das Griffetikett Teil des Behältnisses ist und damit die vom BfArM beanstandeten Angaben, die die Klägerin von sich aus auf das Griffetikett aufgedruckt hat, am Maßstab des § 10 Abs. 1 AMG zu überprüfen sind. Der Umstand, dass die Teebeutel samt Griffetikett in einem weiteren Beutel verpackt sind, lässt im Übrigen die Eigenschaft als Behältnis nicht entfallen.

 

bb. Das weitere Vorbringen gegen die Auflage F.1 begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Verwendung des Zusatzes „Nr. 7“ nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AMG unzulässig ist, weil die registrierte Arzneimittelbezeichnung diesen nicht enthält. Gegen das Erfordernis der Übereinstimmung bringt die Klägerin nichts vor. Ihr Argument, es bestehe keine Abweichung, weil sich hinter der Arzneimittelbezeichnung Leerzeichen befänden, überzeugt nicht. Der Zusatz ist aufgrund der einheitlichen Schriftart und -größe optisch in keiner Weise abgesetzt und erscheint bei objektiver Betrachtung nach dem Empfängerhorizont des aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als Teil des Namens. Ob sich aus dem Zusatz eine konkrete Gesundheitsgefahr ergibt, ist unerheblich. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Auflage nimmt der Senat Bezug auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Das Vorbringen der Klägerin, durch den Zusatz „Nr. 7“ werde die Abgrenzbarkeit für den Verbraucher erhöht, überzeugt nicht. Die Identitätsbestimmung, der die Verwendung einer eindeutigen und einheitlichen Kennzeichnung auch dient, wird dadurch vielmehr erschwert. Eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG legt die Klägerin nicht dar; der Hinweis auf Kloesel/Cyran, AMG, § 10 Rn. 74, geht fehl, weil das BfArM hier nicht jegliche weiteren Informationen verboten, sondern lediglich die Verwendung eines von der Arzneimittelbezeichnung nicht abgesetzten Zusatzes untersagt hat.

 

cc. Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Auflage F2. nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig sei. Nach dieser Vorschrift sind weitere Angaben zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a AMG nicht widersprechen.

 

Das Argument, umweltbezogene Zeichen und Symbole fielen nicht unter § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG, hilft schon deshalb nicht weiter, weil die Angabe „Natürlicher geht’s nicht“ kein – standardisiertes – Umwelt- oder Biozeichen ist. Dass der Slogan auf der Rückseite des Griffetiketts aufgedruckt ist, lässt den Zusammenhang zum Regelungszweck des § 10 Abs. 1 AMG nicht entfallen. Im Übrigen sind nach der Senatsrechtsprechung auch firmeneigene Biosiegel nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig und stellen im Sinne des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG verbotene Werbung dar (vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschlüsse vom 5. August 2013 – 13 A 2862/12 -, PharmR 2013, 463 = juris, und vom 26. Oktober 2015 – 13 A 2598/14 -, A& R 2015, 277 = juris).

 

Nicht überzeugend ist weiter der Einwand, die Angabe sei im Sinne des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG eine Veranschaulichung der in den Artikeln 54 und 59 Abs. 1 Richtlinie 2001/83/EG genannten Informationen. Nach Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG können die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage zur Veranschaulichung einiger der in den Artikeln 54 und 59 Absatz 1 genannten Informationen Zeichen oder Piktogramme sowie weitere mit der Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses zu vereinbarende Informationen enthalten, die für den Patienten wichtig sind; nicht zulässig sind Angaben, die Werbecharakter haben können. Die nicht unmittelbar anwendbare Richtlinie wirkt über das Gebot richtlinienkonformer Auslegung in das nationale Recht hinein. Ob dies auch für Behältnisse gilt, die Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG nicht erwähnt, kann offen bleiben. Die Angabe „Natürlicher geht’s nicht“ dient jedenfalls nicht der Veranschaulichung der Pflichtangaben nach Art. 54 Richtlinie 2001/83/EG. Sie bezieht sich, anders als die Klägerin meint, nicht auf die Zusammensetzung des Arzneimittels, sondern nach objektivem Empfängerhorizont auf eine nicht näher konkretisierte Art der Herstellung der Teemischung und ihrer Bestandteile. Dabei bleibt allerdings unklar, ob damit etwa ein ökologischer Anbau oder ein Verzicht auf chemische/synthetische Zusätze in der Teemischung selbst gemeint ist. Erst recht kann in dieser wenig präzisen Angabe kein Hinweis für Allergiker gesehen werden. Dies gilt auch deshalb, weil sie weder beim Kauf noch bei der Öffnung der Umverpackung sichtbar ist, sondern erst nach Öffnung des einzelnen Sachets, typischerweise im Zusammenhang mit der Teezubereitung, zur Kenntnis genommen werden kann.

 

Anders als von der Klägerin dargestellt, ist die Information auch nicht im Sinne des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG für den Patienten wichtig. Dies sind nach der Rechtsprechung des Senats, an der er auch in Ansehung des Zulassungsvorbringens festhält, nur solche Informationen, die einen Bezug zur Anwendung des konkreten Arzneimittels durch den Kranken und damit in erster Linie eine gebrauchssichernde Funktion haben. Es besteht also unionsrechtlich weiterhin wie auch in § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG ein Bezug zur gesundheitlichen Aufklärung. Das folgt schon aus der Verwendung des Worts „Patienten“ statt des Begriffs „Verbraucher“, ferner aus Sinn und Zweck der Kennzeichnungsbestimmungen, die Patienten zu unterrichten, damit sie das Arzneimittel auf der Grundlage vollständiger und verständlicher Informationen ordnungsgemäß anwenden können (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2013 – 13 A 2862/12 -, juris, Rn. 5 ff.; Erwägungsgrund 40 der Richtlinie 2001/83/EG; BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – I ZR 161/11 -, juris; Kloesel/ Cyran, Arzneimittelrecht, 124. Lief. 2013, § 10 AMG Anm. 1; Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 10 Rn. 3 und 46 ff.

 

Die Information, dass die Teemischung „natürlich“ ist, ist für die Anwendung des Arzneimittels ebensowenig von Bedeutung wie für die Gesundheit des Patienten.

 

Ist die Angabe danach schon gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG – in richtlinienkonformer Anwendung – unzulässig, kommt es nicht darauf an, ob sie auch als Werbeaussage verboten ist.

 

b. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen auch nicht hinsichtlich der Auflage F5.

 

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Information „Nur in der Apotheke erhältlich“ auf den Sachets nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig ist, weil sie weder mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang steht noch für die gesundheitliche Aufklärung wichtig ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen im Übrigen kumulativ vorliegen (vgl. Menges/Winnands, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2014, § 19 Rn. 19).

 

Die Klägerin meint weiterhin, die Aufklärung über den von ihr gewählten Vertriebsweg sei für den Patienten wichtig, auch weil er impliziere, dass eine fachliche Beratung erfolge. Das führt nicht auf ernstliche Zweifel. Die Klägerin stellt schon den Hinweis des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, die Möglichkeit einer fachlichen Beratung in der Apotheke sei eine Selbstverständlichkeit und daher für die gesundheit​liche Aufklärung nicht wichtig. Überdies ist der Vertriebsweg für die ordnungsgemäße, gesundheitsfördernde Anwendung des bereits erworbenen Arzneimittels nicht von Bedeutung. Auf die Fragen, ob der Aussage auch Werbecharakter zukommt oder diese als irreführend unzulässig ist, kommt es danach nicht mehr an.

 

§ 10 Abs. 1 Satz 5 AMG ist auch nicht deshalb unanwendbar oder einschränkend auszulegen, weil es sich um ein freiverkäufliches Arzneimittel handelt. Bei diesen gilt in gleicher Weise das Gebot der Arzneimittelsicherheit im Allgemeinen und der bereits erwähnte Schutzzweck der Kennzeichnungsvorschriften im Besonderen. Dem Umstand, dass diese im Grundsatz eine geringere Gefahr einer Gesundheitsschädigung aufweisen, steht gegenüber, dass eine fachliche Beratung durch Arzt oder Apotheker anders als bei verschreibungs- oder apothekenpflichtigen Arzneimitteln nicht gesichert ist.

 

c. Die Einwände gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Auflage F12. greifen ebenfalls nicht durch.

 

Hinsichtlich der Verwendung des Zusatzes „Nr. 7“ nach der Arzneimittelbezeichnung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Auch auf dem Umkarton erscheint der Zusatz bei objektiver Betrachtung nach dem Empfängerhorizont als Teil des Namens. Eine andere Betrachtung ist nicht deshalb geboten, weil die Arzneimittelbezeichnung in größerer Schriftart und ohne den Zusatz auf dem Deckel sowie der Vorderseite des Kartons verwendet wird. Die Verwendung des Zusatzes „Nr. 7“ ist schon nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AMG allein deshalb unzulässig, weil der registrierte Arzneimittelname diesen nicht enthält. Auf eine konkrete Irreführung kommt es nicht an.

 

Die Angabe „Qualität aus Ihrer Apotheke“ ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig, weil diese Information nicht mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang steht und nicht für die gesundheitliche Aufklärung der Patientin von Bedeutung ist. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen zur Angabe „Nur in der Apotheke erhältlich“ verwiesen. Für eine Unverhältnismäßigkeit der Auflage ist auch hier nichts ersichtlich.

 

d. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich schließlich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit es sich auf die Auflage F13. und damit den Text auf der linken inneren Lasche des Umkartons bezieht.

 

aa. Das schon in erster Instanz vorgebrachte Argument, § 10 Abs. 1 AMG sei nicht anwendbar, weil der Text erst nach Öffnen der Verpackung sichtbar sei, überzeugt nicht. Satz 1 des § 10 Abs. 1 AMG, an den Satz 5 anknüpft, differenziert nicht zwischen Innen- und Außenseite von Behältnissen und äußeren Umhüllungen. Auch systematische Gründe sprechen gegen eine teleologische Reduzierung des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG. Nicht nur die beim Kauf von außen sichtbare äußere Umhüllung, sondern auch die darin befindlichen Behältnisse sowie die Packungsbeilage (nach § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG) unterliegen hinsichtlich weiterer Angaben, die über die Pflichtangaben hinausgehen, den gleichen Vorgaben. Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass nach Sinn und Zweck der Kennzeichnungsvorschriften, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten, sämtliche Texte, die sich auf der Verpackung eines Arzneimittels befinden und vom Verbraucher vor dessen Anwendung wahrgenommen werden können, den gleichen strengen Vorgaben unterliegen.

 

bb. Hinsichtlich der Angabe „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich.“ wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Zur Aussage „Seit über 50 Jahren für Ihre Gesundheit“ wendet die Klägerin lediglich die Unanwendbarkeit des § 10 Abs. 1 AMG ein.

 

cc. Den Hinweis „Die für unsere Arzneitee-​Filterbeutel verwendeten feingeschnittenen Pflanzenteile sind genauso frisch und wirkstoffhaltig wie Blatt- Tees.“ hat das Verwaltungsgericht ebenfalls nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG für unzulässig gehalten. Er diene nicht der gesundheitlichen Aufklärung und sei als Werbeaussage einzuordnen. Die selbstständig tragenden Ausführungen zum ersten Aspekt werden durch das Zulassungsvorbringen nicht schlüssig in Frage gestellt. Mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts, die damit angesprochene Haltbarkeit und der Wirkstoffgehalt ergäben sich aus den insoweit präziseren Pflichtangaben, setzt sich die Klägerin nicht substantiiert auseinander, sondern wendet sich letztlich nur gegen die Einordnung als Werbeaussage. Der von ihr angeführte Informationswunsch der Verbraucher, dessen Befriedigung durch eine ungenaue Angabe wie „frisch“ im Übrigen zweifelhaft ist, ist nicht gleichzusetzen mit dem Erfordernis, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels wichtig zu sein.

 

dd. Mit dem Zulassungsantrag wird auch nicht schlüssig dargelegt, dass die Grundrechte der Klägerin und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine andere Betrachtung erfordern. Die Untersagung der Angaben auf der inneren Lasche, die nicht den Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG entsprechen, ist ein geringfügiger, gerechtfertigter Eingriff in die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit. Er dient der Arzneimittelsicherheit und damit dem Schutz der Gesundheit des Ver-​brauchers, indem die Aufmerksamkeit des Anwenders auf die Pflichtangaben gelenkt und so eine ordnungsgemäße Anwendung des Arzneimittels sichergestellt wird (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – 13 A 2598/14 -, juris, Rn. 17). Hiervon ausgehend ist nicht entscheidend, ob die einzelne Angabe eine Gesundheitsgefahr begründen kann.

 

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Letztere ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass das angefochtene Urteil 33 Seiten lang ist. Dies ist nicht auf einen besonderen Begründungsaufwand, sondern auf die Vielzahl der Regelungen des BfArM in mehreren Auflagen zurückzuführen. Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen zudem nur dann vor, wenn die Angriffe der Klägerin begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern; der Ausgang des Rechtstreits muss als offen erscheinen. Dies ist – wie oben ausgeführt – nicht der Fall.

 

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

 

Die Klägerin legt nicht dar, dass der Frage, „ob der Teebeutel ein Behältnis im Sinne des § 10 AMG ist sowie ob und welchen Anforderungen das Griffetikett eines Teebeutels unterliegt“, grundsätzliche, insbesondere Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt. Dafür genügen der Hinweis, dass Rechtsprechung hierzu nicht ersichtlich sei, sowie die Behauptung, dass die Klärung sämtliche Arzneitee- Hersteller interessieren dürfte, nicht aus. Das BfArM hat angegeben, stets ein Griffetikett mit Angabe mindestens der Arzneimittelbezeichnung und des Namens des Zulassungsinhabers zu fordern; diesbezügliche Verfahren sind dem Senat bisher nicht bekannt. Die Frage lässt sich im Übrigen, wie oben ausgeführt, in Auslegung der europarechtlichen und nationalen Vorgaben bejahen, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte.

 

Die weitere Frage nach der „Reichweite des § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG“ ist schon nicht hinreichend präzise gefasst. Ob bestimmte Angaben des pharmazeutischen Unternehmers auf Behältnissen und äußeren Umhüllungen nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit zulässig sind, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls.