Anforderungen an die „verantwortliche Person“ im Arzneimittelgroßhandel
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Februar 2019

Entscheidungen in Leitsätzen

Az.: 13 A 873/17

AMG § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG

 

Leitsätze der Redaktion:

 

Weder das Unionsrecht noch das nationale Recht regeln verbindlich Art und Umfang der zur Ausübung der Tätigkeit einer „verantwortlichen Person“ im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG erforderlichen Sachkenntnis sowie die Anforderungen an deren Erwerb und Nachweis.

 

Es ist Aufgabe der zuständigen Behörden und der Rechtsprechung, den unbestimmten Rechtsbegriff im Wege der Auslegung zu konkretisieren. Maßstab ist der der verantwortlichen Person obliegende Aufgaben- und Verantwortungsbereich. Mit Blick auf das Schutzgut Arzneimittelsicherheit, welche die verantwortliche Person im Großhandel gewährleisten muss, sind erhebliche Anforderungen an ihre Qualifikation zu stellen. Sie bedarf detaillierter Kenntnisse der jeweils einzuhaltenden Regeln und Verfahrensabläufe. Zum anderen sind – unter Berücksichtigung des jeweiligen Betriebsumfangs und der Art der gehandelten Arzneimittel – Kenntnisse im Umgang mit Arzneimitteln erforderlich, die in Art und Umfang im Wesentlichen mit den Pharmaziekenntnissen vergleichbar sind, die in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden.

 

Ein Hochschulabschluss in Pharmazie ist wünschenswert aber keine notwendige Voraussetzung. Im Einzelfall können die Kenntnisse auch auf einem anderen Weg – etwa durch eine langjährige einschlägige Berufserfahrung, berufsbegleitende Schulungen oder Fortbildungen – erworben werden. Allerdings bedürfen sie des sicheren Nachweises.

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten über die Anforderungen an die Sachkenntnis der nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG) zu benennenden verantwortlichen Person.

 

Die Klägerin betreibt einen vollsortierten pharmazeutischen Großhandel, u.a. mit einer Betriebsstätte in E. , für die ihr die Bezirksregierung E. im Oktober 2011 eine Großhandelserlaubnis erteilt hat. Für diese Betriebsstätte zeigte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 an, dass ab dem 1. Januar 2014 Herr U.  Q. die Funktion der verantwortlichen Person im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG wahrnehmen werde. Herr Q. sei seit Beginn seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann im Jahr 1985 bei ihr beschäftigt, seit dem 1. Oktober 1993 in leitender Position in ihrer Niederlassung in B.. Seit dem 1. Februar 2005 sei er Betriebsleiter, zunächst in T., derzeit in I.. Als solcher habe er – nach ordnungsgemäßer Benennung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde – jeweils auch die Funktion der verantwortlichen Person wahrgenommen. Ausweislich vorgelegter Bescheinigungen hat er im Jahr 2004 an der Fortbildungsveranstaltung „GMP für Vertriebsunternehmen und Großhändler“ und im Jahr 2014 an dem „Basistraining GDP für Großhandel, Broker, Logistik und Vertrieb“ teilgenommen.

 

Mit Schreiben vom 19. Februar 2014 und 8. April 2014 teilte die Bezirksregierung E. mit, dass der Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis für Herrn Q. nicht erbracht sei. Sie kündigte an, das Ruhen der Großhandelsgenehmigung anzuordnen, wenn nicht der erforderliche Sachkenntnisnachweis erbracht oder eine andere, geeignete Person benannt werde. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, dass Herr Q. über naturwissenschaftlich-pharmazeutische Kenntnisse verfüge, die zur Beurteilung der Arzneimittelqualität und anderer pharmazeutische Fragestellungen erforderlich seien. Die Klägerin widersprach dieser Rechtsauffassung, beließ aber die bisherige verantwortliche Person in ihrer Funktion, um eine Ruhensanordnung zu vermeiden.

 

Am 17. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage erhoben und insbesondere geltend gemacht: Eine naturwissenschaftlich-pharmazeutische Ausbildung sei nicht Voraussetzung der Sachkenntnis i.S.d. § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG. Die Richtlinie 2001/83/EG sehe eine solche Ausbildung nicht vor, sondern stelle die Ausgestaltung der detaillierten Anforderungen in das mitgliedstaatliche Ermessen. Der Gesetzgeber habe sich in § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG – anders als für andere Funktionsträger in der Pharmabranche – bewusst gegen die Vorgabe eines bestimmten Ausbildungserfordernisses und im Sinne eines risikobasierten Ansatzes für den unbestimmten Rechtsbegriff der „zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Sachkenntnis“ entschieden. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 1a der Verordnung über den Großhandel und die Arzneimittelvermittlung (Arzneimittelhandelsverordnung – AM-HandelsV) i.V.m. den Leitlinien der Europäischen Kommission 2013/C 343/01 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (GDP-Leitlinien) vom 5. November 2013. Nach deren Ziffer 2.2 sei ein Hochschulabschluss in Pharmazie lediglich wünschenswert. Im Übrigen könne eine solche Ausbildung durch eine langjährige einschlägige Tätigkeit mit entsprechendem Erfahrungshorizont gleichwertig ersetzt werden. Dies zeigten auch die der verantwortlichen Person nach der AM-HandelsV und Ziffer 2.2 der GDP-Leitlinien obliegenden Aufgaben, die sämtlich ohne fachliche Ausbildung mittels erfahrungsbasierter Kenntnisse erledigt werden könnten. Erforderlich sei lediglich eine grundsätzliche Kenntnis des Konsumguts Arzneimittel. Das notwendige Wissen könne durch berufliche Erfahrung ebenso wie in einer naturwissenschaftlich-pharmazeutischen Ausbildung erworben werden. Der Beklagte habe die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art des von der Klägerin betriebenen Großhandels, der nur Fertigarzneimittel, nicht etwa eine hochsensible Arzneimittelkategorie oder Blutprodukte, vertreibe, und die nunmehr 30-jährige Tätigkeit des Herrn Q. im pharmazeutischen Großhandel – davon mehrere Jahre als verantwortliche Person – nicht berücksichtigt. Zudem sei das besondere Qualitätssicherungssystem der Klägerin zu berücksichtigen, das unabhängig von dem durch die verantwortliche Person ohnehin sichergestellten ordnungsgemäßen Großhandelsablauf die Einbindung einer eigenen Apothekerkommission vorsehe.

 

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, es zu unterlassen, nach Anzeige des Wechsels der verantwortlichen Personen nach § 52a AMG hin zu Herrn U. Q. das Ruhen der Großhandelserlaubnis anzudrohen und/oder anzuordnen.

 

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Es hat im Wesentlichen vorgetragen: Nach Sinn und Zweck des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG müsse sich die erforderliche Sachkenntnis an den der verantwortlichen Personen nach der AM-HandelsV und den GDP-Leitlinien obliegenden Aufgaben, der Art des Großhandels und der jeweils gehandelten Arzneimittel ausrichten. Da die verantwortlichen Person nach § 2 AM-HandelsV für den ordnungsgemäßen Betrieb, insbesondere für die Einhaltung der Vorschriften der §§ 1a, 4-7c AM-HandelsV, verantwortlich sei, müsse die erforderliche Sachkenntnis sie in die Lage versetzen, Qualität und Unversehrtheit der Arzneimittel zu gewährleisten. Insbesondere müsse sie Qualitätsrisiken prüfen und bewerten. Sie entscheide auch über den endgültigen Verbleib retournierter und zurückgerufener Arzneimittel und genehmige die Wiederaufnahme in den verkaufsfähigen Bestand. Nach Ziffer 1.5 der GDP-Leitlinien solle sichergestellt werden, dass die Risikobewertung auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrung mit den entsprechenden Prozessen beruhe sowie letztlich den Schutz der Patienten fördere. Die Klägerin betreibe ihren Großhandel als Vollsortimenter. Mit seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann habe Herr Q.      die erforderliche Sachkenntnis nicht nachgewiesen. Grundlegende naturwissenschaftliche Kenntnisse, die z.B. unverzichtbar seien, um beurteilen zu können, ob bei Abweichungen der Lagerungs- oder Transportbedingungen die Qualität der Arzneimittel gemindert sei, könne er auch nicht allein durch die Arbeit im Betrieb der Klägerin erworben haben. Berufliche Erfahrung könne eine Ausbildung nicht ersetzen. Dass die Klägerin eine interne Expertenfachgruppe, auch Apothekerkommission genannt, gebildet habe, an deren Bewertung die verantwortliche Person bei bestimmten Entscheidungen, etwa über die Verkehrsfähigkeit von Arzneimitteln, gebunden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber fordere die Sachkenntnis von der verantwortlichen Person selbst.

 

Mit Urteil vom 1. März 2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

 

Nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG sei die Benennung einer verantwortlichen Person, die die zur Ausübung der Tätigkeit erforderliche Sachkunde besitze, Voraussetzung für den Großhandel mit Arzneimitteln. Weitergehende konkrete Regelungen über die Art und den Umfang der Sachkunde gebe es nicht. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/2109, S. 34) heiße es lediglich, dass die Pflicht zur Benennung eines Verantwortlichen auf Art. 79 der Richtlinie 2001/83/EG beruhe und die Qualifikation durch berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung gewonnen werde. Sinn und Zweck der Benennung einer verantwortlichen Person im Sinne des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG sei die Sicherstellung der Einhaltung bestimmter, für den Betrieb des Arzneimittelgroßhandels unerlässlicher Qualitätsstandards durch persönliche Inpflichtnahme. Welche Aufgaben die verantwortliche Person zu erfüllen habe, ergebe sich aus Ziffer 2.2. (i) – (xii) der GDP-Leitlinien. In § 2 AM-HandelsV heiße es diesbezüglich, dass die zu bestellende Person für den ordnungsgemäßen Betrieb, insbesondere für die Einhaltung der Vorschriften der §§ 1a, 4 – 7c dieser Verordnung verantwortlich sei.

 

Aus diesen Vorgaben folge, dass die verantwortliche Person in der Lage sein müsse sicherzustellen, dass die Qualitätsanforderungen eingehalten würden. Die Art der Sachkunde sei daran zu messen, ob die Person in der Lage sei, die fachliche Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb zu übernehmen. Es müsse sich um eine Sachkunde handeln, die sich an der Art des Großhandels und der Art der Arzneimittel ausrichte, mit denen der Großhandel betrieben werde. Dabei sei zu gewährleisten, dass Qualität und Unversehrtheit des gelieferten Produktes beibehalten würden und es während Transport und Lagerung in der legalen Lieferkette verbleibe (Ziffer 1.2 der GDP-Leitlinien). Zudem solle eine Bewertung, Kontrolle, Kommunikation und Überprüfung von Risiken in Bezug auf die Qualität von Arzneimitteln erfolgen können, um sicherzustellen, dass die Risikobewertung auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrung mit den entsprechenden Prozessen beruhe (Ziffer 1.5 der GDP-Leitlinie).

 

Dies mache deutlich, dass an die Qualifikation der verantwortlichen Person ganz erhebliche Anforderungen zu stellen seien. Auf pharmazeutisch-naturwissenschaftliche Kenntnisse könne jedenfalls nicht verzichtet werden, da die Tätigkeit nicht ausschließlich logistischer Natur sei. Die für Herrn Q.      vorgelegten Unterlagen reichten zum Nachweis, dass dieser über die erforderlichen Kenntnisse verfüge, um die fachliche Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb des vollsortierten pharmazeutischen Großhandels der Klägerin zu übernehmen, nicht aus. In der Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann habe er keine spezifischen Kenntnisse erworben, um die Produkte, mit denen die Klägerin Handel treibe, mit naturwissenschaftlichem Verständnis beurteilen zu können. Fortbildungsnachweise lägen nicht vor. Allein der Umstand, dass die Klägerin Herrn Q.      schon in der Vergangenheit mit der Funktion der verantwortlichen Person nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG betraut habe und er entsprechende praktische Erfahrungen gesammelt habe, vermöge eine Ausbildung nicht zu ersetzen, in der wissenschaftliche Kenntnisse vermittelt sowie deren Erwerb durch das Bestehen einer Prüfung bestätigt und durch entsprechende Zeugnisse testiert würden. Praktische Erfahrung sei nach der Gesetzesbegründung zusätzlich zu einer entsprechenden Ausbildung erforderlich. Die Verpflichtung zur Einhaltung von Verfahrensanweisungen und eine Einbindung der betriebsinternen so genannten Apothekerkommission seien in diesem Zusammenhang unerheblich. Die in dieser Kommission vorhandene Sachkenntnis fordere der Gesetzgeber von der verantwortlichen Person selbst. Sie müsse in der Lage sein, die Entscheidung der Expertenfachgruppe zu überprüfen.

 

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung. Zur Begründung führt sie unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere aus:

 

§ 52 Abs. 2 Nr. 3 AMG regele Art und Umfang der vorausgesetzten Sachkenntnis gerade nicht, insbesondere sei eine mit Prüfung abgeschlossene wissenschaftliche Ausbildung nicht vorgeschrieben. Auf die vom Verwaltungsgericht für die Erforderlichkeit einer wissenschaftlichen Ausbildung herangezogenen Gesetzesmaterialien komme es nicht an, weil die Norm insoweit nicht auslegungsbedürftig sei. Der Gesetzgeber habe sich bewusst im Rahmen eines risikobasierten Ansatzes für einen unbestimmten Rechtsbegriff und gegen die Vorgabe einer bestimmten Ausbildung entschieden.

 

Auf dieser Basis habe sich eine langjährige homogene – wohl auf die Verfahrensanweisung 1511503 zur Überprüfung der Qualifikation des Personals nach §§ 14, 52a, 63a, 72 Abs. 2 und 74a AMG der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimittel und Medizinprodukte (ZLG) zurückgehende – Praxis der Überwachungsbehörden aller Bundesländer etabliert, nach der entweder eine berufliche Ausbildung oder entsprechende Erfahrung im pharmazeutischen Großhandel die erforderliche Sachkenntnis begründeten. Die der verantwort-lichen Person nach den GDP-Leitlinien und der AM-HandelsV obliegenden Aufgaben verlangten eine wissenschaftliche Ausbildung nicht. Auch nach dem Positionspapier des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels e.V. PHARGO vom 30. November 2018 sei eine naturwissenschaftliche oder pharma-zeutische Ausbildung der verantwortlichen Person nicht notwendig, weil sich die zu erledigenden Aufgaben darauf beschränkten, die Produktqualität systema-tisch, prozessorientiert und organisatorisch zu gewährleisten.

 

So verlangten etwa die der verantwortlichen Person nach § 1a AM-HandelsV obliegende Implementierung und Aufrechterhaltung eines Qualitätssicherungssystems nicht, dass diese selbst Qualitätsstandards aufstelle. Vielmehr beschränke sich ihre Aufgabe darauf, ein System zu gewährleisten, dass die Einhaltung aller marktbekannten und von den Herstellern definierten Vorgaben sicherstelle. Dies verlange lediglich, Produktkategorien mit vergleichbaren Lager- und Transportbedingungen zusammenzufassen und die einzelnen Produkte diesen Kategorien zuzuordnen. Auch die Entscheidung über den endgültigen Verbleib zurückgegebener, zurückgewiesener, zurückgerufener oder gefälschter Arzneimittel nach Ziffer 2.2 Abs. 5 (x) der GDP-Leitlinien werde anhand rechtlich definierter Parameter getroffen, die ohne Ausbildung zu beurteilen seien und den Handlungsspielraum maximal begrenzten. So seien etwa bei der Beurteilung, ob sonstige Anhaltspunkte für eine fehlende Verkehrsfähigkeit sprächen, die Art des Arzneimittels, die Lagerbedingungen und der seit der Auslieferung verstrichene Zeitraum zu berücksichtigen. Die Parameter würden in Relation gesetzt und im Gesamtkontext bewertet. Je höher z.B. die Anforderungen an die ordnungsgemäße Lagerung eines Produktes seien, umso weniger würden längere Zeiträume bis zum Zurückgeben toleriert. Bei den von der Klägerin gehandelten Fertigarzneimitteln sei dieses Monitoring pharmazeutisch relativ anspruchslos und könne das Erfordernis einer wissenschaftlichen Ausbildung nicht begründen. In ihrer Gesamtheit setzten die der verantwortlichen Person obliegenden Aufgaben lediglich voraus, dass die verantwortliche Person die dem konkreten Großhandelsbetrieb zu Grunde liegenden organisatorischen Strukturen und Abläufe sowie deren Relevanz für die Qualitätssicherung kenne. Die verantwortliche Person müsse verlässlich einschätzen können, welche organisatorischen und logistischen Schritte Voraussetzung für eine qualitätswahrende Arzneimitteldistribution seien. Sie müsse Abweichungen erkennen und gegebenenfalls, z.B. bei Temperaturunregelmäßigkeiten, Maßnahmen ergreifen, damit die betroffenen Arzneimittel nicht ohne weitere Prüfung distribuiert würden. Dabei seien mögliche Störfaktoren, die Einfluss auf die Produktqualität nehmen könnten, im Großhandelsalltag mit Fertigarzneimitteln sowohl praktisch limitiert als auch Gegenstand des Qualitätssicherungssystems einschließlich entsprechender Verfahrensanweisungen. Jede Abweichung des Ist-Zustands vom Soll-Zustand bei Lagerung und Transport habe eine allein dokumentenbasierte Bewertung zur Folge, ob die Ware auf Basis der vom Arzneimittelhersteller oder der Zulassungsbehörden vorgegebenen Daten von einer solchen Abweichung beeinträchtigt worden sein könne. Sei nach der dokumentengestützten vergleichenden Analyse eine Qualitätsbeeinträchtigung nicht auszuschließen, werde der Arzneimittelhersteller mit der Sache befasst. Nur er könne auf Basis der ihm aus dem Zulassungsverfahren vorliegenden analytischen Daten zur Qualität und Stabilität des konkreten Produktes eine seriöse und fundierte Aussage über die Qualität treffen. Durch dieses Verfahren werde die Arzneimittelsicherheit bestmöglich gewährleistet. Kein Experte, auch kein Pharmazeut, vermöge für jedes einzelne vom Großhändler vorgehaltene Produkt eine sachkundige wissenschaftliche Bewertung der Auswirkungen eines potentiellen Störfaktors zu treffen. Würde etwa eine als verantwortliche Person benannte pharmazeutisch-technische Assistentin aufgrund ihrer Ausbildung eine solche Einschätzung selbst vornehmen, liefe dies der Arzneimittelsicherheit zuwider.

 

Selbst wenn eine in einer bestimmten Ausbildung erworbene wissenschaftliche Sachkenntnis für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben erforderlich sein sollte, sei diese Sachkenntnis nicht zwingend von der verantwortlichen Person zu fordern. Ziffer 2.2 Abs. 2 der GDP-Leitlinien sehe ausdrücklich vor, dass die verantwortliche Person zwar nicht ihre Verantwortung, aber bestimmte Aufgaben delegieren könne. Vor diesem Hintergrund sei eine Delegation in Form der Hinzuziehung zusätzlicher betriebsinterner wissenschaftlicher Expertise – im Unternehmen der Klägerin in Form der Apothekerkommission – möglich, wenn auch ‑ nach ihrer Rechtsauffassung – überobligatorisch.

 

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass Herr U. Q. die zur Ausübung der Tätigkeit einer verantwortlichen Person i.S.d. § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG in ihrem Betrieb erforderliche Sachkenntnis besitzt.

 

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

 

Zur Begründung führt es in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere aus: Die Forderung nach einer naturwissenschaftlichen Grundausbildung beziehe sich auch auf den konkreten Betrieb der Klägerin und sei mit Blick auf deren Arzneimittelsortiment berechtigt. Die Klägerin handele als Vollsortimenter mit Arzneimitteln, bei denen ein Qualitätsmangel die Patientensicherheit schwerwiegender beeinträchtigen könne als beispielsweise bei nur äußerlich anzuwendenden Arzneimitteln oder medizinischen Gasen. Davon, dass die Wahrnehmung der Aufgaben einer verantwortlichen Person besondere Fachkompetenz erfordere, gehe offenbar auch die Klägerin aus. Anderenfalls hätte sie in ihrem Betrieb nicht eigens eine interne Expertenfachgruppe, die sog. Apothekerkommission, gebildet, die die Aufgaben der verantwortlichen Person in erheblichem Umfang wahrnehme. Aus dem Bestellungsschreiben für die Mitglieder der „Expertengruppe Arzneimittelqualität“ ergebe sich, dass die Bewertung der Verkehrsfähigkeit von Arzneimitteln nach Abweichungen in den Lagerungs- oder Transportbedingungen von den Mitgliedern der Expertengruppe vorgenommen werde, die – wie es dort heiße – als Apotheker die dazu notwendige Fachkenntnis besäßen. Die verantwortliche Person in der Niederlassung entscheide über die Vernichtung oder die Aufnahme in den verkaufsfähigen Bestand dann entsprechend der Bewertung der Expertengruppe. Eine langjährige homogene Praxis der Überwachungsbehörden, nach der die erforderliche Sachkenntnis entweder durch eine berufliche Ausbildung oder Erfahrung im pharmazeutischen Großhandel begründet werden könne, existiere nicht. Die Verfahrensanweisung 1511503 der ZLG wiederhole lediglich den Wortlaut der Gesetzesbegründung. Ein Konsens der Überwachungsbehörden in der Lesart der Klägerin sei nicht bekannt.

 

Im Übrigen hat die Bezirksregierung E.  in Bezug auf die in ihrer Verwaltungspraxis an die Sachkunde einer verantwortlichen Person nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG zu stellenden Anforderungen ausgeführt: Konkrete Inhalte auf pharmazeutischem Gebiet, die die erforderliche Sachkunde umfassen müsse, könnten nicht benannt werden. Die Anforderungen sollten sich jedoch an den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 AMG genannten Inhalten orientieren. Ein pharmazeutisches bzw. naturwissenschaftliches Hochschulstudium sei in Abhängigkeit von Art und Umfang der Großhandelstätigkeit wünschenswert, aber nicht erforderlich. Die Kenntnisse könnten auch in einer naturwissenschaftlichen oder medizinischen Ausbildung erworben werden. In Betracht komme z.B. eine Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin. Eine berufsbegleitende Fortbildung könne eine Ausbildung nicht ersetzen. Nach Ziffer 2.4 Abs. 2 der GDP-Leitlinien solle die verantwortliche Person ihre Kompetenzen im Bereich der guten Vertriebspraxis unabhängig von Ausbildung und beruflicher Erfahrung durch regelmäßige Fortbildung immer auf dem neuesten Stand halten. Berufsbegleitende Fortbildungen seien daher zusätzlich zu Ausbildung und beruflicher Erfahrung erforderlich. Auch allein durch Berufserfahrung könnten die erforderlichen Kenntnisse nicht erworben werden. Die neben einer Ausbildung zu verlangende Berufserfahrung müsse in einem pharmazeutischen Betrieb oder einer Apotheke gesammelt worden sein. Die Person solle Erfahrung im Umgang mit Arzneimitteln und Reklamationen sowie mit der Arbeit innerhalb eines Qualitätssicherungssystems und im Rahmen geltender Rechtsvorschriften erworben haben.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung E.  Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

 

1. Die Klage ist nach der gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlichen Umstellung des Klageantrags als – vorbeugende – Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

 

Der Zulässigkeit der Feststellungklage steht nicht der Grundsatz ihrer Subsidiarität entgegen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Da über die Sachkenntnis der nach § 52 Abs. 2 Nr. 3 AMG zu benennenden Person keine isoliert angreif- oder einklagbare Entscheidung ergeht, kann die Klägerin ihre Rechte nicht angemessen mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen.

 

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der vorbeugenden Feststellung. Die vorbeugende Feststellungsklage erfordert ein spezielles, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse, das dann gegeben ist, wenn der Betroffene nicht in zumutbarer Weise auf den von der VwGO als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz gegen die befürchtete Beeinträchtigung verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 13.12 –, juris, Rn. 41).

 

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Klägerin ist nicht zuzumuten, die ihr bei der Benennung einer Person, die die Anforderungen des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG nach der Auffassung des Beklagten nicht erfüllt, drohenden Maßnahmen des Widerrufs der Großhandelserlaubnis oder der Ruhensanordnung nach § 52a Abs. 5 Satz 2 AMG in Kauf zu nehmen, um nachträglich gegen diese vorgehen zu können.

 

2. Die Klage ist aber unbegründet. Es ist nicht nachgewiesen, dass Herr Q. über die zur Ausübung der Tätigkeit einer verantwortlichen Person im Betrieb der Klägerin erforderliche Sachkenntnis verfügt, wobei Gegenstand des Verfahrens allein die beabsichtigte Tätigkeit in der Betriebsstätte in E. ist.

 

Nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG ist die Benennung einer verantwortlichen Person, die die zur Ausübung der Tätigkeit erforderliche Sachkenntnis besitzt, Voraussetzung der Erteilung einer Erlaubnis für den Großhandel mit Arzneimitteln. Ist nach Erteilung der Erlaubnis ein Wechsel der verantwortlichen Person beabsichtigt, hat der Inhaber der Erlaubnis dies der zuständigen Behörde – wie hier die Klägerin mit Schreiben vom 21. April 2015 – vorher anzuzeigen (§ 52a Abs. 8 Satz 1 AMG).

 

Art, Umfang und Nachweis der in § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG vorausgesetzten Sachkenntnis sind nicht ausdrücklich normiert (dazu unten a)). Indes erfährt der unbestimmte Rechtsbegriff der „zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Sachkenntnis“ eine Konkretisierung durch Auslegung anhand der Funktion sowie des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs der verantwortlichen Person. Danach bedarf es zum einen detaillierter Kenntnisse der jeweils einzuhaltenden Regeln und Verfahrensabläufe. Zum anderen sind – unter Berücksichtigung des jeweiligen Betriebsumfangs und der Art der gehandelten Arzneimittel – Kenntnisse im Umgang mit Arzneimitteln erforderlich, die in Art und Umfang im Wesentlichen mit den Pharmaziekenntnissen vergleichbar sind, die in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden (dazu unten b)). Diese Kenntnisse müssen nicht zwingend aus einem bestimmten Studium oder einer bestimmten Ausbildung resultieren. Im Einzelfall können sie auch auf einem anderen Weg – etwa durch eine langjährige einschlägige Berufserfahrung, berufsbegleitende Schulungen oder Fortbildungen – erworben werden. Allerdings bedürfen sie des sicheren Nachweises (dazu unten c)). In der Person von Herrn Q.  sind diese Anforderungen nicht erfüllt (dazu unten d)).

 

a) Art und Umfang der zur Ausübung der Tätigkeit einer verantwortlichen Person erforderlichen Sachkenntnis sowie Anforderungen an deren Erwerb und Nachweis sind weder im Unionsrecht noch im nationalen Recht ausdrücklich verbindlich geregelt.

 

Die § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG zugrundeliegende Regelung in Art. 79 lit. b der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimitteln (vgl. BT-Drs. 15/2109, S. 34) schreibt verbindlich lediglich vor, dass der Inhaber einer Großhandelserlaubnis für Arzneimittel über sachkundiges Personal, insbesondere einen eigens bestellten Verantwortlichen, verfügen muss, überlässt dessen Qualifikation aber den Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten. In § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG hat der Gesetzgeber von der den Mitgliedstaaten überlassenen Regelung der erforderlichen Qualifikation nur mit der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Sachkenntnis Gebrauch gemacht. Von der Regelung bestimmter Anforderungen hat er abgesehen. Auch die AM-HandelsV enthält keine ausdrückliche Regelung der erforderlichen Sachkenntnis. Nach § 2 Abs. 1 AM-HandelsV ist für jede Betriebsstätte eines Arzneimittelgroßhandels mindestens eine Person zu bestellen, die für den ordnungsgemäßen Betrieb, insbesondere für die Einhaltung der Vorschriften der §§ 1a, 4 bis 7c AM-HandelsV, verantwortlich ist. Allerdings verpflichtet § 1a AM-HandelsV Betriebe und Einrichtungen des Arzneimittelgroßhandels zur Einhaltung der auf Art. 84 der Richtlinie 2001/83/EG beruhenden GDP-Leitlinien und macht damit deren Vorgaben verbindlich. Diese verhalten sich zu den an die Qualifikation der verantwortlichen Person zu stellenden Anforderungen insbesondere in Ziffer 2.2 Abs. 1. Darin erläutern sie die in Art. 79 lit. b der Richtlinie 2001/83/EG vorausgesetzten von dem betreffenden Mitgliedstaat rechtlich vorzuschreibenden Qualifikationen dahingehend, dass ein Pharmaziestudium „wünschenswert“ sei und die verantwortliche Person über „angemessene Kompetenz und Erfahrung“ sowie über „Kenntnisse und eine Ausbildung in der guten Vertriebspraxis“ verfügen „sollte“. Darüber hinaus enthält Ziffer 2.2 Abs. 5 einen Katalog von Tätigkeiten, die in die Zuständigkeit der verantwortlichen Person fallen „sollten“.

 

b) Definieren die bestehenden Regelungen Art und Umfang der erforderlichen Sachkenntnis jedenfalls nicht abschließend, ist es Aufgabe der zuständigen Behörden und der Rechtsprechung, den unbestimmten Rechtsbegriff im Wege der Auslegung zu konkretisieren. Maßstab dieser Auslegung ist der der verantwortlichen Person obliegende Aufgaben- und Verantwortungsbereich. Denn § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG stellt die von der verantwortlichen Person zu verlangende Sachkenntnis in einen Zusammenhang zu deren Tätigkeit. Die verantwortliche Person muss über die Sachkenntnis verfügen, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlich ist. Art und Umfang der Sachkenntnis sind damit anhand der Funktion der verantwortlichen Person innerhalb eines Betriebs des Arzneimittelgroßhandels zu bestimmen. Dabei gebieten die Bezugnahme auf die Tätigkeit sowie das Merkmal der Erforderlichkeit, die sich aus den für den Arzneimittelgroßhandel generell geltenden Regelungen ergebenden Anforderungen auf den Einzelfall jeweils nur insoweit zu übertragen, wie es der mit der Großhandelserlaubnis genehmigte Betriebsumfang erfordert (vgl. zur Maßgeblichkeit des jeweiligen Betriebsumfangs: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 128. Lfg. 2014, § 52a Rn. 13; Stumpf, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 52a Rn. 23; Sander, Arzneimittelrecht, Stand: Mai 2017, § 52a Rn. 6).

 

aa) Die verantwortliche Person hat für den Arzneimittelgroßhandel eine zentrale Bedeutung (vgl. Brixius, Good Distribution Practice: Aktuelle Probleme aus der Rechtspraxis, Teil 1: Die Verantwortliche Person im pharmazeutischen Großhandel, in: Pharm. Ind. 78 (2016), 396.). Ihre Benennung ist nach Art. 79 lit. b der Richtlinie 2001/83/EG und § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG Voraussetzung für Erteilung und Bestand der Großhandelserlaubnis. Kapitel 2 der GDP-Leitlinien hebt sie im Abschnitt 2.2 innerhalb des Personals, das ausreichend vorhanden und fachkundig sein soll, besonders hervor. Sinn und Zweck der Benennung einer verantwortlichen Person ist die Sicherstellung bestimmter für den Arzneimittelgroßhandel unerlässlicher Qualitätsstandards durch persönliche Inpflichtnahme. Die Benennung ist nicht bloße Formsache, sondern dient dem Ziel der in § 52a geregelten Erlaubnispflicht, nämlich dem Gesundheitsschutz durch Erhöhung der Arzneimittelsicherheit (vgl. BT-Drs. 15/2109, S. 34).

 

Der Verantwortungs- und Aufgabenbereich der verantwortlichen Person ergibt sich im Einzelnen aus § 2 Abs. 1 i.V.m. §§ 1a, 4 bis 7c der AM-HandelsV sowie aus § 1a AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 2.2 Abs. 4 und 5 der GDP-Leitlinien.

 

Nach § 2 Abs. 1 AM-HandelsV ist die verantwortliche Person für den ordnungsgemäßen Betrieb und insbesondere für die Einhaltung der Vorschriften der §§ 1a (Qualitätssicherungssystem), 4 (Umfüllen, Abpacken und Kennzeichnen von Arzneimitteln), 4a (Bezug und Rücknahme von Arzneimitteln), 5 (Lagerung), 6 (Auslieferung), 7 (Dokumentation), 7a (Rückrufplan, Rückrufe von Arzneimitteln), 7b (Rücknahme von Arzneimitteln) und 7c (Selbstinspektion) verantwortlich. Nach Ziffer 2.2 Abs. 4 der GDP-Leitlinien sollte die verantwortliche Person ihre Aufgabe so wahrnehmen, dass der Großhändler die Einhaltung der guten Vertriebspraxis nachweisen kann. Ziffer 2.2 Abs. 5 der GDP-Leitlinien bestimmt den der verantwortlichen Person obliegenden „Verantwortungsbereich“ im Einzelnen. Dazu gehören insbesondere: die Implementierung und Einhaltung eines Qualitätssicherungssystems (i); die Einhaltung rechtlicher Regelungen, etwa bei der Sicherstellung, dass Zulieferer und Kunden zugelassen sind (vi), sowie bei der Gewährleistung, dass alle in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten zusätzlichen Auflagen für bestimmte Produkte eingehalten werden (xii); die zum Nachweis des ordnungsgemäßen Betriebsablaufs gebotene Dokumentation (etwa ii und ix); die Selbstinspektion nach einem vorab festgelegten Programm einschließlich der Durchführung der danach erforderlichen Korrekturmaßnahmen (viii) sowie Entscheidungen über die Verkehrsfähigkeit bestimmter Arzneimittel, nämlich die Entscheidung über den endgültigen Verbleib zurückgegebener, zurückgewiesener, zurückgerufener oder gefälschter Arzneimittel (x) und die Genehmigung sämtlicher Wiederaufnahmen in den verkaufsfähigen Bestand (xi). Nach Ziffer 2.2 Abs. 2 Satz 2 der GDP-Leitlinien kann die verantwortliche Person bestimmte dieser Aufgaben, nicht aber ihre Verantwortung delegieren.

 

bb) Die wichtige Funktion der verantwortlichen Person für die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit im Großhandel sowie der ihr mit Blick auf dieses Schutzgut obliegende Aufgaben- und Verantwortungsbereich machen deutlich, dass an ihre Qualifikation erhebliche Anforderungen zu stellen sind. Ihre Sachkenntnis muss sie in die Lage versetzen, für die Arzneimittelsicherheit persönlich einzustehen. Sie muss in der Lage sein, die Verantwortung für die Regelkonformität des gesamten Betriebs – einschließlich der Qualitätssicherung, des Umfüllens und Abpackens der Arzneimittel, der Lagerung und Auslieferung sowie der Rücknahme retournierter Arzneimittel – zu übernehmen.

 

Dies erfordert zum einen detaillierte Kenntnis der anzuwendenden Regelungen der AM-HandelsV und der GDP-Leitlinien, der spezifischen Vorgaben der pharmazeutischen Unternehmen betreffend die Transport- und Lagerbedingungen, insbesondere die für bestimmte Arzneimittel einzuhaltenden Temperaturen, sowie der Verfahrensvorschriften und Abläufe des jeweiligen Großhandelsbetriebs. Diese Einschätzung liegt auch Ziffer 2.2 Abs. 1 Satz 3 der GDP-Leitlinien zugrunde, nach der die verantwortliche Person über Kenntnisse und eine angemessene Ausbildung in der guten Vertriebspraxis verfügen „sollte“.

 

Zum anderen setzen jedenfalls einzelne der zu verantwortenden Entscheidungen mindestens solche Kenntnisse im Umgang mit Arzneimitteln voraus, die in Art und Umfang im Wesentlichen mit den Pharmaziekenntnissen vergleichbar sind, welche in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden, und die mit Blick auf die persönliche Inpflichtnahme nach § 2 Abs. 1 AM-HandelsV auch und gerade von der verantwortlichen Person selbst zu verlangen sind.

 

Diese Anforderung entspricht ebenfalls den GDP-Leitlinien. Indem diese einen Hochschulabschluss in Pharmazie für „wünschenswert“ erklären (Ziffer 2.1, Abs. 1 Satz 2), setzen sie pharmazeutische Kenntnisse mindestens in dem oben genannten Umfang als sinnvoll voraus. Diese Kenntnisse sind gerade (auch) von der verantwortlichen Person selbst zu verlangen, weil sie ihre Verantwortung ‑ wie bereits dargestellt – nicht delegieren kann (Ziffer 2.2, Abs. 2 Satz 2). Im Großhandelsunternehmen gegebenenfalls vorhandener Sachverstand Dritter, vermag die eigenen Kenntnisse der verantwortlichen Person deshalb nicht zu ersetzen. Damit unterscheiden sich die Anforderungen, die in spezifisch fachlicher Hinsicht gerade an die verantwortliche Person selbst zu stellen sind, von denjenigen, die die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 der Kommission vom 19. Juni 2012 über die Durchführung der in der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 und der Richtlinie 2001/83/EG vorgesehenen Pharmakovigilanz-Aktivitäten für die qualifizierte Person mit der erforderlichen Sachkenntnis i.S.d. § 63a AMG, den Stufenplanbeauftragten, vorsieht. Nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 stellt der Zulassungsinhaber sicher, dass die qualifizierte Person die für die Pharmakovigilanz-Tätigkeiten erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse erworben hat. Dies setzt jedoch keine in einer ärztlichen Grundausbildung erworbenen medizinischen Kenntnisse gerade der qualifizierten Person voraus. Verfügt sie über eine solche Ausbildung nicht, stellt der Zulassungsinhaber nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 lediglich sicher, dass sie von einer Person mit einer solchen Ausbildung unterstützt wird.

 

Im Einzelnen ergibt sich das Mindesterfordernis pharmazeutischer bzw. naturwissenschaftlicher Kenntnisse der verantwortlichen Person, die in Art und Umfang im Wesentlichen mit den Pharmaziekenntnissen vergleichbar sind, die in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden, jedenfalls aus ihrer Verantwortung für das Qualitätssicherungssystem nach § 1a Satz 3 AM-HandelsV und für die Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit zurückgegebener Arzneimittel nach § 7b Abs. 3 AM-HandelsV.

 

In Bezug auf ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem im Sinne des § 1a Satz 2 AM-HandelsV und Ziffer 1.5 Abs. 2 der GDP-Leitlinien obliegt der verantwortlichen Person nicht nur die verfahrensmäßige Kontrolle, dass ein solches System überhaupt eingerichtet und aufrechterhalten wird (Ziffer 2.2 Abs. 5 (i) der GDP-Leitlinien). Vielmehr hat sie nach § 1a Satz 3 AM-HandelsV auch in inhaltlicher Hinsicht dafür Sorge zu tragen, dass die internen Verfahrensbeschreibungen regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls an den Stand von Wissenschaft und Technik angepasst werden. Damit verlangt die Vorschrift zwar nicht, dass die verantwortliche Person die Überprüfung und erforderlichenfalls die Anpassung selbst vornimmt. Sie verpflichtet sie aber, die Übereinstimmung der Verfahrensbeschreibungen mit dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik zu gewährleisten. Dies setzt voraus, dass die verantwortliche Person (auch) selbst in der Lage ist, diesen Stand in Bezug auf die gehandelten Arzneimittel und etwaige Risiken für deren Qualität zu beurteilen. Nur so kann sie ihre Verantwortung wahrnehmen und die – gegebenenfalls durch anderes Personal des Großhändlers vorzunehmende – Überprüfung und Anpassung gewährleisten.

 

Ebenso setzt die Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit zurückgegebener Arzneimittel nach § 7b Abs. 3 AM-HandelsV, für die die verantwortliche Person nach § 2 Abs. 1 AM-HandelsV sowie Ziffer 2.2 Abs. 5 (x) und (xi) der GDP-Leitlinien einsteht, pharmazeutische Kenntnisse im Umgang mit Arzneimitteln voraus. Das in § 7b Abs. 3 Satz 2 AM-HandelsV niedergelegte Prüfprogramm geht über die Kontrolle eindeutiger Regelungen oder feststehender Verfahrensanweisungen hinaus. So ist für die Wiederaufnahme der Arzneimittel in den Verkehr nicht nur zu prüfen, ob bestimmte Belege (Nr. 1), Bestätigungen (Nr. 2) oder Angaben (Nr. 5) vorliegen oder nicht vorliegen. Vielmehr setzt die Entscheidung auch Wertungen voraus, nämlich ob sich die Arzneimittel in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden (Nr. 3), sie eine vertretbare Haltbarkeitsdauer haben (Nr. 4) und ob keine sonstigen Anhaltspunkte für eine fehlende Verkehrsfähigkeit bestehen (Nr. 6). Diese Wertungen, insbesondere die Einschätzung sonstiger Anhaltspunkte für eine fehlende Verkehrsfähigkeit, setzen jedenfalls in Zweifelsfragen ein pharmazeutisches Verständnis im Umgang mit Arzneimitteln voraus. Zwar muss die verantwortliche Person auch die Prüfung nach § 7b Abs. 3 AM-HandelsV nicht selbst vornehmen. Nach § 7b Abs. 4 AM-HandelsV erfolgt sie durch dafür besonders eingewiesenes Personal. Indes kann die verantwortliche Person die ihr für die Einhaltung des § 7b AM-HandelsV nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung obliegende Verantwortung nur dann verständig wahrnehmen, wenn sie die Einhaltung des in § 7b Abs. 3 AM-HandelsV niedergelegten Prüfprogramms einschließlich der danach vorzunehmenden Wertungen beurteilen kann. Diese Beurteilung setzt ihre eigene Sachkunde voraus. Davon geht im Übrigen auch der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. PHARGO in dem von der Klägerin vorgelegten Positionspapier aus. Dort heißt es betreffend die Entscheidung über den endgültigen Verbleib zurückgegebener, zurückgewiesener, zurückgerufener oder gefälschter Arzneimittel im Sinne von Ziffer 2.2 Abs. 5 (x) der GDP-Leitlinien:

 

„Die verantwortliche Person trägt die Verantwortung (für) die ‚Letztentscheidung‘ über den endgültigen Verbleib zurückgegebener, zurückgewiesener, zurückgerufener oder gefälschter Arzneimittel. Die dieser Entscheidung vorgelagerten und strengstens regulatorisch schon betriebsintern durch zwingend einzuhaltende Arbeitsanweisungen vorgegebenen Prozesse werden durch entsprechend spezialisiertes und ausgebildetes Personal mit entsprechenden Erfahrungen im Umgang mit diesen sicherheitsrelevanten Produktgruppen durchgeführt. Deren Anleitung, Überwachung und Sicherstellung des entsprechenden Fachwissens obliegt der verantwortlichen Person, die sich für eine adäquate Entscheidung (…) auf das jeweils spezifische Fachwissen, welches weit mehr als nur eine naturwissenschaftlich-pharmazeutische Expertise ist, verlassen muss.

 

Hierbei ist vor allem eine Kenntnis der risikomanagementbezogenen Prozesse und Entscheidungswege notwendig. Diese erfolgen auf der Basis risikoanalytischer Einschätzungen der jeweiligen Fachbereiche, zu denen auch naturwissenschaftlich-pharmazeutische Risikoanalysen gehören können. Diese naturwissenschaftlich-pharmazeutischen Risikoanalysen basieren indes nicht auf einer entsprechenden Einschätzung der verantwortlichen Person. Vielmehr legt die verantwortliche Person ihrer naturwissenschaftlich-pharmazeutischen Risikoanalyse das ihr vom pharmazeutischen Unternehmer überlassene Datenmaterial zugrunde. Beispielhaft zu nennen ist hier das Risikomanagement im Bereich möglicher Temperaturabweichungen. Die pharmazeutisch-naturwissenschaftliche Risikoanalyse der verantwortlichen Person basiert auf einem Abgleich mit den dem pharmazeutischen Großhandel hierzu übermittelten Daten des pharmazeutischen Unternehmers, die Aussagen zu möglichen Risiken und Folgen für den Fall einer Temperaturabweichung beinhalten. Ohne diese Informationen und die ergänzend verpflichtend vom zurückgebenden Kunden (Apotheker) übermittelten Informationen kann der pharmazeutische Großhandel keine Risikoanalyse vornehmen und somit die verantwortliche Person keine hinreichend begründete Entscheidung treffen.

 

Das Risikomanagement selbst, welches die Grundlage für die Entscheidung der verantwortlichen Person über den endgültigen Verbleib zurückgegebener, zurückgewiesener, zurückgerufener oder gefälschter Arzneimittel ist, bedarf gerade deshalb vor allem einer umfassenden Kenntnis des gesamten Tätigkeit- und Verantwortungsbereichs des pharmazeutischen Großhandels, welche sowohl die produktbezogenen als auch die prozessbezogenen Kenntnisse aller Teilbereiche zwingend umfassen muss, um eine richtige Entscheidung im Sinne eines sicheren Umgangs mit Arzneimitteln durch den pharmazeutischen Großhändler sicherstellen zu können.“ (Hervorhebungen nicht im Original)

 

Damit legt auch der Berufsverband dar, dass die verantwortliche Person in der Lage sein muss, das spezialisierte Personal, das die Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit retournierter Produkte trifft, anzuleiten und zu überwachen sowie selbst eine pharmazeutisch-naturwissenschaftliche Risikoanalyse zu treffen, so dass das ihr obliegende Risikomanagement neben prozessbezogenen auch produktbezogene – also pharmazeutische – Kenntnisse des Arzneimittelgroßhandels umfasst. Diese Ausführungen vermögen sein späteres Fazit, im Ergebnis bestehe keine Notwendigkeit einer naturwissenschaftlichen oder pharmazeutischen Aus- oder Weiterbildung der verantwortlichen Person, da deren Aufgabe allein darin bestehe, die Produktqualität während Lagerung und Transport systematisch, prozessorientiert und organisatorisch im Sinne eines den gesamten Großhandel umfassenden Qualitätsmanagements zu gewährleisten, nicht zu stützen.

 

Dafür, dass die Verantwortung für die Überprüfung von Arzneimitteln auf ihre Verkehrsfähigkeit nach § 7b AM-HandelsVO i.V.m. Ziffer 2.2 Abs. 5 (x) und (xi) der GDP-Leitlinien pharmazeutische Kenntnisse erfordert, die in Art und Umfang jedenfalls im Wesentlichen mindestens mit den Pharmaziekenntnissen vergleichbar sind, die in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden, spricht schließlich auch ein Vergleich mit den Anforderungen, die an das Personal in Apotheken als dem pharmazeutischen Einzelhandel gestellt werden. Nach § 1a Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO) gehört die Überprüfung von Arzneimitteln zu den spezifisch pharmazeutischen Tätigkeiten in einer Apotheke. Diese Tätigkeiten dürfen nach § 3 Abs. 5 ApBetrO – mit Ausnahme des Abfüllens, Abpackens oder Kennzeichnens nach § 3 Abs. 5a Satz 1 ApBetrO – nur von pharmazeutischem Personal ausgeübt werden, nämlich von Apothekern, pharmazeutisch-technisch-en Assistenten, Apothekerassistenten, Pharmazieingenieuren, Apothekenassistenten, pharmazeutischen Assistenten sowie Personen, die sich in der Ausbildung zum Apothekerberuf oder zum Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten befinden (§ 1a Abs. 2 ApBetrVO). Gilt dies für die Überprüfung von Arzneimitteln im pharmazeutischen Einzelhandel, sind an die Qualifikation zur Wahrnehmung der entsprechenden Aufgabe im pharmazeutischen Großhandel keine wesentlich anderen Anforderungen zu stellen.

 

cc) Die damit zur Ausübung der Tätigkeit einer verantwortlichen Person nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG in pharmazeutischer Hinsicht erforderliche Sachkenntnis kann auf verschiedenen Wegen erworben werden. Sie setzt nicht zwingend ein bestimmtes Hochschulstudium oder eine bestimmte berufsqualifizierende Ausbildung sowie praktische Erfahrung voraus. Vielmehr kann sie durch ein Pharmaziestudium, eine pharmazeutische Ausbildung oder im Einzelfall auch auf einem anderen Weg – etwa durch eine langjährige einschlägige Berufserfahrung und berufsbegleitende Schulungen oder Fortbildungen – erworben werden. Allerdings muss sie in geeigneter Weise nachgewiesen werden.

 

(1) Die nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG erforderliche Sachkenntnis setzt – auch in pharmazeutisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht – nicht zwingend sowohl eine (berufsqualifizierende) Ausbildung als auch darüberhinausgehende praktische Erfahrung voraus. Eine solche kumulative Anforderung ist, wie die Klägerin insbesondere mit Verweis auf die Verfahrensanweisung der ZLG geltend gemacht hat, nicht normiert.

 

Etwas anderes ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zu § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG. Soweit es dort heißt, die verantwortliche Person könne ihre Qualifikation durch berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung erwerben (vgl. BT-Drs. 15/2109, S. 34), ist dies schon nicht eindeutig. Die Konjunktion „und“ legt einerseits nahe, dass dem historischen Gesetzgeber für die Qualifikation der verantwortlichen Person beide Elemente kumulativ vorgeschwebt haben. Andererseits spricht das Verb „kann“ gegen eine zwingende (kumulative) Vorgabe und deutet eher auf ein alternatives oder auf ein beispielhaftes Verständnis hin. Selbst wenn der historische Gesetzgeber für die verantwortliche Person sowohl eine Berufsausbildung als auch praktische Erfahrung verbindlich hätte festschreiben wollen, käme es darauf im Übrigen nicht an. Denn die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Normbestimmtheit gebieten, für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift allein auf den in dieser zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, nicht jedoch auf die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe über die Bedeutung der Bestimmung (vgl. BVerfG, Urteile vom 21. Mai 1952 – 2 BvH 2/52 –, BVerfGE 1, 299 (312) = juris, Rn. 56, sowie jüngst vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 –, BVerfGE 144, 20 (212 f.) = juris, Rn. 555 m.w.N.).

 

An der danach erforderlichen Objektivierung eines entsprechenden gesetzgeberischen Willens im Wortlaut der Norm fehlt es vorliegend. Ein zwingendes kumulatives Erfordernis einer (berufsqualifizierenden) Ausbildung sowie – darüberhinausgehender – praktischer Erfahrung hat im Wortlaut des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG keinen Niederschlag gefunden.

 

(2) Ein Hochschulabschluss in Pharmazie, der durch die Vorlage eines entsprechenden Zeugnisses belegt wird, ist – wie in Ziffer 2.2 Abs. 1 der GDP-Richtlinien niedergelegt – wünschenswert. Er ermöglicht der verantwortlichen Person, die ihr obliegende umfassende Verantwortung für die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit im Großhandel im Allgemeinen sowie für den ihr mit Blick auf dieses Schutzgut obliegenden Aufgaben- und Verantwortungsbereich im Einzelnen mit entsprechend wissenschaftlich fundierter Sachkenntnis und der dadurch vermittelten Autorität wahrzunehmen. Nach der gesetzlichen Regelung ist er allerdings keine notwendige Voraussetzung der nach § 52a Abs. 3 Nr. 2 AMG erforderlichen Sachkenntnis.

 

Anders als in § 15 AMG für die sachkundige Person, die nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 AMG für die Erteilung einer Herstellererlaubnis zu benennen ist, hat der Gesetzgeber für die verantwortliche Person nach § 52 Abs. 2 Nr. 3 AMG – ebenso wie für den Stufenplanbeauftragten nach § 63a Abs. 1 und 2 AMG in der seit dem 23. Juli 2009 geltenden Fassung – gerade keine bestimmte Qualifikation, insbesondere kein bestimmtes Hochschulstudium, vorgeschrieben. Vielmehr hat er sich bewusst für den unbestimmten Rechtsbegriff der zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Sachkenntnis entschieden, die nach der Gesetzesbegründung durch eine nicht näher bestimmte berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung gewonnen werden kann (vgl. BT-Drs. 15/2109, S. 34).

 

Für die Annahme, dass die nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG erforderliche Sachkenntnis, wie der Beklagte meint, in Anlehnung an § 15 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen sei, der ein Zeugnis über eine nach abgeschlossenem, mindestens vierjährigem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der pharmazeutischen Chemie und Technologie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegte Prüfung voraussetzt, ist schon angesichts der bewussten gesetzgeberischen Entscheidung gegen eine solche Anforderung kein Raum (A.A. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 128. Lfg. 2014, § 52a Rn. 13 (in der Regel ein § 15 Abs. 1 Nr. 2 AMG entsprechender Hochschulabschluss); Stumpf, in: Kügel/Müller/ Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 52a Rn. 23 (in der Regel jedenfalls bei Großhandelsbetrieben mit mehreren Betriebs-stätten, die selbst mit Arzneimitteln in direkte Berührung gelangen, ein entsprechendes facheinschlägiges Hochschulstudium).

 

Im Übrigen ist der Maßstab des § 15 Abs. 1 Nr. 2 AMG auf § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG auch deswegen nicht ohne weiteres übertragbar, weil die Verantwortung der sachkundigen Person beim Arzneimittelhersteller über die der verantwortlichen Person beim Arzneimittelgroßhändler hinausgeht. Die sachkundige Person ist nach §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 19 Satz 1 AMG dafür verantwortlich, dass jede Charge des Arzneimittels entsprechend den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln hergestellt und geprüft wurde. Nach §§ 16, 25 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung – AMWHV) ist sie außerdem verpflichtet, die Freigabe für das Arzneimittel oder den Wirkstoff zu erklären. Auf sie konzentriert sich damit die Letztverantwortung für die Herstellung und Qualitätskontrolle von Arzneimittel und Wirkstoffen (vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 19 Rn. 3).

 

Diese Verantwortung setzt eine Beurteilung des gesamten Herstellungsprozesses und damit auch umfassende galenische Kenntnisse voraus. Solche umfassenden Kenntnisse der Arzneimittelherstellung sind für die der verantwortlichen Person nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG obliegende Beurteilung der Qualitätsrisiken für fertig zu lagernde und auszuliefernde Arzneimittel nicht zwingend erforderlich.

 

Setzt die nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG erforderliche Sachkenntnis nicht notwendig einen Hochschulabschluss in Pharmazie voraus, kann sie in pharmazeutisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht auch durch eine entsprechende Ausbildung, nämlich insbesondere zum pharmazeutischen oder pharmazeutisch-technischen Assistenten, zum Pharmazieingenieur oder zum Pharmakanten oder durch die Prüfung zum Apothekerassistenten (sog. Vorexaminierte) erworben werden.

 

Schließlich ist nach dem gesetzlichen Regelungsregime des § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG i.V.m. § 1a ff. AM-HandelsV und Ziffer 2.2 der GDP-Leitlinien auch nicht ausgeschlossen, dass die in pharmazeutischer Hinsicht erforderliche Sachkenntnis auf einem anderen Weg als durch eine Ausbildung – etwa durch eine einschlägige Berufserfahrung, durch Praktika oder Hospitationen mit einem einschlägigen Aufgabengebiet und von hinreichender Dauer, durch berufsbegleitende Schulungen oder Fortbildungen – erworben wird. Dies bedarf jeweils der Prüfung im Einzelfall. Darin unterscheiden sich die Regelungen für die verantwortliche Person etwa auch von denen über die Sachkenntnis des Pharmaberaters nach § 75 Abs. 2 und Abs. 3 AMG, die zwingend in einer bestimmten Ausbildung zu erwerben ist.

 

(3) Unabhängig von der Art und Weise des Erwerbs setzt die Überprüfung der erforderlichen Sachkenntnis durch die zuständige Behörde und gegebenenfalls das Gericht allerdings immer deren sicheren Nachweis voraus. Im Falle eines abgeschlossenen Pharmaziestudiums oder einer abgeschlossenen pharmazeutischen Ausbildung wird dieser Nachweis ohne weiteres durch die Vorlage des entsprechenden Abschlusszeugnisses erbracht. Im Falle des Erwerbs auf anderem Wege bedarf es ebenfalls der Vorlage geeigneter Unterlagen, aus denen sich Art und Umfang der erworbenen pharmazeutischen Sachkenntnis ergeben. Zum Nachweis der in Schulungen oder Fortbildungen gewonnenen Sachkenntnis kommen insbesondere Bescheinigungen in Betracht, aus denen sich die im Einzelnen vermittelten Inhalte ergeben. Dabei wird einer Bescheinigung, die auch das Bestehen einer Abschlussprüfung ausweist, regelmäßig größere Aussagekraft zukommen als einer Teilnahmebescheinigung, die für sich genommen nicht mit Gewissheit erkennen lässt, dass die betreffende Person die zu vermittelnden Fachkenntnisse auch tatsächlich erworben hat. Zum Nachweis des Erwerbs der erforderlichen Kenntnisse durch berufspraktische Erfahrung kommen etwa ein aussagekräftiger Lebenslauf, Bescheinigungen über Praktika oder Hospitationen, aus denen sich die wahrgenommenen Aufgaben ergeben, (Arbeits-)Zeugnisse sowie im Betrieb – etwa im Hinblick auf § 64 Abs. 4 Nr. 2 AMG – geführte Dokumentationen in Betracht. Erforderlich ist jeweils eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall. Dabei mag etwa die für sich genommen geringe Aussagekraft von Bescheinigungen über die Teilnahme an Schulungen durch Arbeitszeugnisse oder im Betrieb geführte Dokumentationen ausgeglichen werden, die die ordnungsgemäße Anwendung der jeweils vermittelten Kenntnisse aussagekräftig bestätigen. Ebenso mag etwa ein für sich genommen wenig aussagekräftiges (Arbeits‑) Zeugnis durch betriebliche Dokumentationen, aus denen sich die beanstandungsfreie Wahrnehmung bestimmter Aufgaben durch die betreffende Person ergibt, und durch im Rahmen von Fortbildungen erworbene Prüfungsnachweise ergänzt werden.

 

d) Die an die zur Ausübung der Tätigkeit einer verantwortlichen Person nach § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG erforderliche Qualifikation zu stellenden Anforderungen sind in der Person von Herrn Q.      – auch unter Berücksichtigung des der Klägerin genehmigten Betriebsumfangs – derzeit nicht erfüllt. Pharmazeutische Kenntnisse im Umgang mit Arzneimitteln, die in Art und Umfang im Wesentlichen mit den Pharmaziekenntnissen vergleichbar sind, die in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden, sind nicht nachgewiesen.

 

Dieser Mindestkenntnisse bedarf es auch angesichts der der Klägerin genehmigten Großhandelstätigkeit mit Fertigarzneimitteln. Der verantwortlichen Person obliegt auch im Betrieb der Klägerin die wichtige Funktion der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit. Ihr Aufgabenprofil im Einzelnen geht – den generellen Anforderungen des pharmazeutischen Großhandels entsprechend – über das von der Klägerin dargestellte rein dokumentenbasierte Abgleichen von Ist- und Soll-Werten hinaus. Auch in Bezug auf Fertigarzneimittel verlangt die Gewährleistung des wichtigen Schutzguts der Arzneimittelsicherheit ein Qualitätssicherungssystem, das den Stand der Wissenschaft und Technik in Bezug auf die gehandelten Produkte und deren etwaige Qualitätsrisiken aktualisierend berücksichtigt. Darüber hinaus ist auch im Betrieb der Klägerin die – auf einer pharmazeutisch-naturwissenschaftliche Risikoanalyse basierende – Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit zurückgegebener Arzneimittel nach § 7b Abs. 3 AM-HandelsV zu treffen und zu verantworten.

 

Mit den vorgelegten Unterlagen ist der Nachweis von pharmazeutischen Kenntnissen, die in Art und Umfang jedenfalls im Wesentlichen mit den Pharmazie-kenntnissen vergleichbar sind, die in einer pharmazeutischen (Berufs-) Ausbildung vermittelt werden, nicht erbracht. Die vorgelegten Fortbildungsnachweise lassen den Erwerb originär pharmazeutischer Kenntnisse nicht in hinreichendem Maße erkennen. Die besuchten Veranstaltungen waren ausweislich der Bescheinigungen als Weiterbildungsseminare im Sinne der Weiterbildungsverordnungen der Apothekerkammern auf den Gebieten der pharmazeutischen Technologie, der pharmazeutischen Analytik und der Arzneimittelinformation anerkannt. Dies spricht einerseits für ihre inhaltliche Qualität. Andererseits wirft dieser Umstand Zweifel auf, ob die Veranstaltungen geeignet sind, einem Fachfremden pharmazeutische Fachkenntnisse zu verschaffen. Ziel der Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung der Apothekerkammern ist es – beispielhaft wiedergegeben gemäß § 1 der Weiterbildungsordnung für Apothekerinnen und Apotheker der Apothekerkammer Nordrhein vom 6. Dezember 1995, zuletzt geändert durch Beschluss vom 18. November 2015 –, Apothekerinnen und Apothekern nach Abschluss ihrer Berufsausbildung im Rahmen ihrer Berufstätigkeit weitergehende Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Da sich die entsprechenden Seminare damit an Personen richten, die über die in einem Pharmaziestudium vermittelten spezifisch pharmazeutischen Kenntnisse bereits verfügen, dürften sie solche Fachkenntnisse entweder voraussetzen oder von ihnen unabhängige Inhalte zum Gegenstand haben, zur Vermittlung gerade pharmazeutischer Kenntnisse jedoch nicht geeignet sein. Einen spezifisch pharmazeutischen Inhalt weisen die vorgelegten Bescheinigungen auch nicht aus. Die im Jahr 2004 besuchte Veranstaltung hat, soweit es sich aus dem Zertifikat ergibt, in den Bereichen der pharmazeutischen Technologie und der pharmazeutischen Analytik lediglich „Regulatorische Anforderungen“ und „Kostenmanagement“ sowie auf dem Gebiet der Arzneimittelinformation die Zulassung behandelt. Das im Jahr 2014 besuchte Seminar hatte auf dem Gebiet der pharmazeutischen Technologie die „Verpackung und Produktionsplanung“, im Besonderen die „Good Storage Practice / Good Distribution Practice“, zum Gegenstand und umfasste innerhalb von sieben Stunden insbesondere die Themen Qualitätsmanagement, GDP-Leitlinien, Draft-Leitlinie für Wirkstoffe, Zulassung und Genehmigungen, Personal einschließlich Verantwortlichkeiten und Schulungen, Dokumentation, Lager und Transport, Validierung/Qualifizierung, Hygiene sowie Abweichungen und Risk Management. Dass damit pharmazeutische Inhalte mehr als nur mittelbar behandelt worden sind, ergibt sich nicht. Fehlt es damit an entsprechenden Fortbildungs- oder sonstigen aussagekräftigen Nachweisen, lässt allein der Umstand, dass Herr Q. die Aufgaben der verantwortlichen Person an zwei Betriebsstandorten der Klägerin bereits seit dem Jahr 2005 ohne Beanstandung der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde wahrgenommen hat, nicht den Rückschluss zu, dass er über die in pharmazeutischer Hinsicht erforderliche Sachkenntnis auch tatsächlich selbst verfügt. Denn es ist jedenfalls nicht hinreichend dokumentiert, ob Herr Q. den ordnungsgemäßen Betrieb der Klägerin jeweils umfassend auch in pharmazeutischer Hinsicht aufgrund eigener Sachkunde verantworten konnte oder sich, soweit – insbesondere zur Gewährleistung eines dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechenden Qualitätsmanagementsystems und der Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit retournierter Arzneimittel – pharmazeutische Kenntnisse erforderlich waren, auf im Unternehmen verfügbaren Sachverstand Dritter, etwa der Apothekerkommission, verlassen musste.

 

Der pharmazeutische Sachverstand dieses Expertengremiums kann die eigene Sachkenntnis der für den Betrieb der Klägerin zu benennenden verantwortlichen Person nicht ersetzen. Da die Sachkenntnis gerade von der verantwortlichen Person selbst zu verlangen ist, kommt es auf eine betriebliche Organisationsstruktur, die ihr die Expertise Dritter an die Seite stellt, nicht an. Betriebswirtschaftliche Erwägungen, die für eine solche Organisationsstruktur sprechen mögen, rechtfertigen mit Blick auf das wichtige Schutzgut der Arzneimittelsicherheit kein anderes Ergebnis.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

 

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Bedeutung der im Zusammenhang mit der Auslegung von § 52a Abs. 2 Nr. 3 AMG i.V.m. § 1a ff. AM-HandelsV und Ziffer 2.2 der GDP-Leitlinien aufgeworfenen Fragen reicht über den Einzelfall hinaus. Die Rechtsfragen sind – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt.