Werbung für Psoriasis-Präparat in Facharztmagazin

Entscheidungen in Leitsätzen

UWG § 5 Abs. 1; HWG § 3 Satz 1 Nr. 1

Leitsatz des Gerichts:

Die an Fachkreise gerichtete Werbung „Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich!“ für ein Psoriasis-Präparat als blickfangmäßig herausgestellte Überschrift wird nicht als Tatsachenangabe, sondern als wertende Anpreisung wahrgenommen, die in diesem Zusammenhang nicht irreführend ist.

 

Gründe

 

I.

 

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilverfahrens gegen eine angeblich irreführende Arzneimittelwerbung der Antragsgegnerin.

 

Die Parteien sind forschende Pharmaunternehmen. Sie sind Wettbewerber im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Fertigarzneimitteln zur Behandlung mittelschwerer und schwerer Plaque-Psoriasis.

 

Die Antragsgegnerin vertreibt in Deutschland das Fertigarzneimittel A®, das zur Behandlung mittelschwerer und schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen ist. Sie bewarb das Präparat mit einer Anzeige in dem vorwiegend von Ärzten und Dermatologen abonnierten Newsletter „C“ in der Ausgabe 9/21 vom 5.3.2021 (Anlage Ast6). Die hervorgehobene Überschrift der Anzeige lautet wie folgt: „Plaque-Psoriasis: Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich“.

 

Die Antragstellerin hält diese Aussage für irreführend. Sie suggeriere fälschlich, es seien Daten zu emotionalen Gefühlszuständen von Patienten mit Plaque-Psoriasis erhoben worden.

 

Das Landgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 28.4.2021 zurückgewiesen. Der dagegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin vom 12.5.2021 hat es mit Beschluss vom 26.5.2021 nicht abgeholfen.

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

den angefochtenen Beschluss abzuändern und der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, für ihr verschreibungspflichtiges Fertigarzneimittel A® (Wirkstoff: B) zu werben und/ oder werben zu lassen mit der Aussage „Plaque-Psoriasis: Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich“, wenn dies geschieht wie in dem als Anlage Ast6 beigefügten Advertorial zu A® in der Ausgabe 9/21 vom 5.3.2021 des Newsletters „C“.

 

II.

 

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

 

Der Antragstellerin steht im Hinblick auf die angegriffene Werbung kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3a UWG i.V.m. § 3 S. 1 Nr. 1 HWG bzw. § 5 I UWG zu. Die angegriffene Angabe ist nicht irreführend.

 

1. Eine Werbung für Arzneimittel ist nach § 3 S. 2 Nr. 1 HWG irreführend, wenn dem Arzneimittel eine Wirksamkeit beigelegt wird, die es nicht hat. Eine Werbung ist außerdem nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie z.B. ihre Zwecktauglichkeit beinhaltet. Von beiden Bestimmungen werden nur inhaltlich nachprüfbare Aussagen tatsächlicher Art erfasst. Reine Werturteile fallen hingegen nicht darunter.

 

2. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Aussage „Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich“ im Kontext der Werbung nicht als Tatsachenangabe, sondern als wertende Anpreisung wahrgenommen wird.

 

a) Die Werbung richtet sich an Fachkreise, zu denen nach dem Vortrag der Antragstellerin vor allem Ärzte gehören. Der Senat, der ständig mit Wettbewerbssachen und häufig mit Heilmittelwerbung befasst ist, verfügt aufgrund seiner Erfahrung über die erforderliche Sachkunde, um eigenständig beurteilen zu können, wie die vorliegende Werbeaussage von den Fachkreisen verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft; BGH GRUR 2014, 1211Rn 19 – Runes of Magic II). Demgegenüber reicht zur Glaubhaftmachung des von der Antragstellerin behaupteten Verkehrsverständnisses nicht die eidesstattliche Versicherung ihres Senior Medical Managers Herrn D aus (Anlage Ast10).

 

b) Die Angabe „langzeitglücklich!“ ist Bestandteil einer Aufforderung an die Ärzte. Sie sollen ihre Patienten mit dem Arzneimittel glücklich machen. Die Diktion der Aufforderung und ihre Positionierung als blickfangmäßig herausgestellte Überschrift sprechen für eine typische reklamehafte Übertreibung. Die angesprochenen Fachkreise erkennen, dass die Überschrift Aufmerksamkeit erregen soll und nicht der Informationsvermittlung dient. Die angesprochenen Ärzte werden nicht annehmen, das beworbene Mittel führe dazu, dass Patienten für einen langen Zeitraum einen emotionalen Glückszustand erreichen. Gegen eine entsprechende Wirkungsaussage spricht schon, dass das Präparat der Behandlung einer Hautkrankheit dient und – sowit ersichtlich – nicht etwa für Depressionen oder andere psychische Erkrankungen indiziert ist. Mit der Angabe wird auch nicht suggeriert, bei der in der Werbung zitierten Studie seien Daten zu emotionalen Gefühlszuständen von Patienten mit Plaque-Psoriasis erhoben bzw. den Patienten entsprechende Fragen gestellt worden. Vielmehr wird gleich unterhalb der Überschrift unter Verweis auf eine in der Fußnote zitierte Studie darauf hingewiesen, aktuelle Daten über fünf Jahre zeigten, dass sich drei von fünf Patienten unter der A®-Therapie nicht mehr von ihrer Psoriasis „beeinträchtigt“ fühlen. Im Kontext der Werbung erkennen die angesprochenen Fachkreise daher ohne weiteres, dass allein der Therapieerfolg gegen die Hautkrankheit angepriesen werden soll. Sie haben keinen Anlass anzunehmen, bei der Studie sei es um die subjektive Bewertung eines Glücklichseins gegangen.

 

3. Die Aussage enthält auch keinen unrichtigen Tatsachenkern. Anpreisungen, die in die äußere Form einer subjektiven Wertung gekleidet sind, können allerdings in verdeckter Form eine objektiv nachprüfbare Aussage enthalten. Eine Anpreisung mit einem nachprüfbaren Tatsachenkern liegt vor, wenn der angesprochene Verkehr eine Angabe ungeachtet ihrer subjektiven Einfärbung als Hinweis auf eine bestimmte Beschaffenheit des mit der Angabe beworbenen Produkts auffasst (BGH GRUR 2017, 418, Rn 22 – Optiker-Qualität). Die Aufforderung, die Patienten „langzeitglücklich“ zu machen, knüpft an die Ergebnisse der Studie Leonardi C et al. an, die in der Werbung erwähnt wird und die sich über fünf Jahre erstreckte und Daten lieferte, die für einen Therapieerfolg sprechen. Geht man davon aus, dass die Anpreisung „langzeitglücklich“ von den Fachkreisen darauf bezogen wird, dass die Therapie mit dem Medikament Beeinträchtigungen durch die Krankheit der Plaque-Psoriasis über fünf Jahre erfolgreich bekämpft, mag darin ein Tatsachenkern liegen. Die Antragstellerin hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass dieses Studienergebnis nicht der Wahrheit entspricht.

 

4. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des für gesundheitsbezogene Werbung geltenden „Strengeprinzips“ etwas anderes. Bei der Gesundheitswerbung gelten für die Abgrenzung von Tatsachen und Anpreisungen strengere Maßstäbe, weil der Verbraucher hier bereitwillig auf die Wirksamkeit eines Produkts hofft und daher geneigt ist, Werbeaussagen tatsächliche Angaben zu entnehmen. Überdies können mit irreführenden Angaben erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung verbunden sein (vgl. BGH GRUR 2017, 418, Rn 22 – Optiker-Qualität; BGH GRUR 2013, 649Rn 15 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Dieser Aspekt bezieht sich jedoch auf das Verständnis des Endverbrauchers, der sich als Konsument für Heilmittel interessiert. Steht – wie hier – eine Werbung gegenüber Fachkreisen in Rede, ist nicht von einer besonderen Gutgläubigkeit auszugehen. Es kann nicht angenommen werden, dass die angesprochenen Ärzte bei gesundheitsbezogenen Anpreisungen eher geneigt sind, ihnen einen Tatsachenkern zu entnehmen als bei der Werbung für Produkte ohne Gesundheitsbezug.

 

5. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen (§ 97 ZPO).